Commerzbank Hauptversammlung: Mehr Klimaschutzambitionen, bitte!

Pressemitteilung
Berlin, Köln 31.05.2023

Auf der heutigen Commerzbank-Hauptversammlung werden urgewald und der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre betonen, dass die Klimaschutzmaßnahmen des Finanzinstituts weiterhin nicht zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens ausreichen. Trotz wichtiger Schritte im letzten Jahr bleibt die Bank hinter ihren Möglichkeiten zurück, sich als Klima-Vorreiter der deutschen Finanzbranche ernsthaft zu etablieren. Vorstandsvorsitzender Dr. Manfred Knof wird zwar in seiner Hauptversammlungsrede die Dringlichkeit der Energiewende sowie das wachsende Engagement der Commerzbank im Bereich der Nachhaltigkeit hervorheben. Gleichzeitig ist jedoch ein schnellerer und konsequenterer Ausschluss fossiler Kunden bei der Commerzbank nicht zu sehen.

Anna Lena Samborski, Finanzkampaignerin von urgewald, wird heute auf der Hauptversammlung Rede- und Fragerechte nutzen, um auf diese Diskrepanz hinzuweisen. „Bei der Commerzbank ist die Bedeutung der fossilen Energien als Haupttreiber des Klimanotstandes im Neukundengeschäft bereits reflektiert. Unbegreiflich ist jedoch, warum Bestandskunden im Öl- und Gasbereich komplett verschont bleiben. Für Kohleunternehmen aus dem Bestand greifen Einschränkungen und Maßnahmen erst ab Ende 2025 – bis dahin können sie offensichtlich weitermachen wie bisher und gegebenenfalls sogar ihre Kohleproduktion oder -verstromung ausbauen. Dies ist im Jahr 2023 absolut inakzeptabel und mit der Klimawissenschaft nicht in Einklang zu bringen.“
 

Recherchen belegen Schwächen der fossilen Commerzbank-Richtlinien

Laut des NGO-Berichts „Banking on Climate Chaos“, der gerade erst von urgewald mitveröffentlicht worden ist, gehörte die Commerzbank auch 2022 noch zu den 60 größten fossilen Finanzierern weltweit: Sie belegte im globalen Ranking Platz 49 mit insgesamt 1,16 Milliarden US-Dollar (Konsortialkredite und Underwriting-Mandate). Wichtigster fossiler Commerzbank-Kunde 2022: EnBW mit einem Finanzierungsvolumen von 360 Millionen US-Dollar. Der deutsche Stromkonzern wird unter anderem für einen bis 2046 laufenden Liefervertrag für gefracktes Gas kritisiert, das über das LNG-Terminal „Plaquemines“ im US-Bundesstaat Louisiana exportiert werden soll. Die Klimabilanz von gefracktem Gas ist besonders negativ. Daneben droht Plaquemines, lokale Umwelt zu zerstören und Menschenrechte zu verletzten. Menschenrechtsverletzungen spielen zudem in der Kohlelieferkette EnBWs im Zusammenhang mit dem Zulieferer Glencore und Kohle aus Kolumbien eine Rolle. Auch Glencore selbst erhielt  laut „Banking on Climate Chaos“ letztes Jahr Finanzierung von der Commerzbank im Rahmen eines Konsortialkredites, der insgesamt 6,54 Milliarden US-Dollar umfasste. 

Darüber hinaus zeigt der ebenfalls erst kürzlich von urgewald veröffentlichte Bericht „Investing In Climate Chaos“, dass die Commerzbank Stand Januar dieses Jahres mit 334,5 Millionen US-Dollar in fossile Unternehmen investiert war – mit 267,2 Millionen US-Dollar überwiegend in BP. Der britische Energiekonzern verringerte kürzlich das Reduktionsziel für seine Treibhausgasemissionen bis 2030 von 40 auf 25 Prozent und verkündete gleichzeitig Rekordgewinne. Die Transformation hin zu Erneuerbaren Energien hat das Unternehmen zurückgestellt, gleichzeitig sieht sich BP mit Vorwürfen bewusster Manipulation der öffentlichen Meinung konfrontiert.  

Anna Lena Samborski: „Die fossile Industrie ist weiterhin der uneinsichtige Haupttreiber der immer schneller voranschreitenden Klimakrise und hat auch keine Scheu vor Menschenrechtsverletzungen. Wir rufen die Commerzbank dazu auf, ihre fossilen Richtlinien schnellstmöglich mit strengeren Ausschlüssen auch für Bestandskunden zu versehen. Der im März veröffentlichte Synthesebericht des IPCC hat erneut deutlich macht: Die Zeit für Kompromisse beim Klimaschutz ist vorbei. Wenn Kipppunkte kippen, dann kippen sie.“

 

Hintergrund – die derzeitigen fossilen Richtlinien der Commerzbank

Die Commerzbank hatte mit Gültigkeit Januar 2022 ihre Kohlerichtlinie angepasst und gerade für Neukunden begrüßenswerte Ausschlusskriterien eingeführt. So sind Neukunden, die neue Projekte im Kohlebereich planen, und Neukunden mit einem Kohleanteil von über 20 Prozent Kohleanteil am Umsatz oder der Stromerzeugung von der Finanzierung ausgeschlossen. Die Commerzbank verpasste im letzten Jahr aber die Chance, die Regeln mit sofortiger Wirkung auf Bestandskunden auszuweiten und so ihre Kohlerichtlinie tatsächlich auf einen 1,5°C-kompatiblen Pfad entsprechend des Pariser Klimaschutzabkommens zu bringen. Erst Ende 2025 sollen expandierende Kohleunternehmen aus dem Bestand ausgeschlossen werden. Ebenfalls erst ab Ende 2025 müssen Bestandskunden mit mehr als 20 Prozent Kohleanteil am Umsatz oder der Stromerzeugung einen Kohleausstiegsplan für 2030 vorlegen.

Nachschärfen muss die Commerzbank auch ihre Öl- und Gasrichtlinie. Im Bereich der Projektfinanzierungen sind die Ausschlüsse von neuen und bestehenden Öl- und Gasförderprojekten sowie neuen Ölkraftwerken zwar positiv zu bewerten. Jedoch fehlen konsequente Ausschlüsse von Öl- und Gasinfrastruktur wie Flüssiggas-Terminals und Ölpipelines sowie von Gaskraftwerken. Auf Unternehmensebene sind analog zum Kohlebereich lediglich Neukunden mit Expansionsplänen von der Finanzierung ausgeschlossen. Für Bestandskunden gibt es keinerlei Unternehmensausschlüsse, weder im Fall von Expansion noch im Fall fehlender 1,5°C-kompatibler Transformationspläne.

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    Bild Anprechpartner   Stefanie Jellestad

    Stefanie Jellestad
    Pressesprecherin
    stefanie.jellestad [at] urgewald.org
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