Vor der Aktionärsversammlung der Deutsche-Bank-Tochter DWS am Freitag üben der Dachverband der Kritischen Aktionär*innen, Facing Finance und urgewald Kritik an klimaschädlichen und menschenrechtlich fragwürdigen Investitionen des Fondsanbieters. Dies tun sie gemeinsam mit Philippe Diaz, ehemaliger Mitarbeiter des WWF, der durch seine öffentliche Greenwashing-Kritik im Zusammenhang mit einem DWS-Fonds bekannt geworden ist[1], welcher zusammen mit dem WWF aufgelegt wurde. Das Bündnis bemängelt außerdem die Abschwächung der Nachhaltigkeitsbemühungen der DWS, was sich aus der vorab veröffentlichten Rede von Konzernchef Stefan Hoops[2] herauslesen lässt. Dabei war der Konzern noch im April in den Schlagzeilen wegen eines von der Staatsanwaltschaft Frankfurt verhängten Millionenbußgelds im Zusammenhang mit Greenwashing-Vorwürfen.
Im März hatten Facing Finance und urgewald umfangreiche Investitionen der DWS in fossil expandierende Konzerne wie TotalEnergies und ExxonMobil offenbart. Deren Großprojekte wie die East African Crude Oil Pipeline (EACOP), Mosambik LNG oder Papua LNG stehen für eine massive Verschärfung der Klimaüberhitzung. Sie werden außerdem mit schweren Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht.
Besonders schwer wiegt die Tatsache, dass diese Investitionen oft in Fonds auftauchen, die nach der EU-Verordnung SFDR als „Artikel 8/9-Fonds“ klassifiziert wurden. Diese werden oft als „ESG-Fonds“ bezeichnet und vermitteln den Anleger*innen – teils durch ihre Namen – höhere Ansprüche in Bezug auf Klima-, Umweltschutz oder soziale Themen. Mit fossilen Geldanlagen in Höhe von 8,7 Milliarden Euro lag die DWS zum Stand der Recherche auf Platz 2 der am stärksten fossil-investierenden Vermögensverwalter in solchen „ESG-Fonds“ auf dem EU-Markt.[3]
Julia Dubslaff, Finanz-Analystin bei urgewald, kritisiert: „Die DWS zeigt immer mehr ihr wahres Gesicht. Sie hat im Jahr 2023 mit ihrer Kohlerichtlinie noch selbst gezeigt, wie sich mit klaren Vorgaben Portfolios klimafreundlicher gestalten lassen. Gleichzeitig bleibt sie in Öl- und Gasmultis investiert und riskiert damit auch weitere Rufschäden. Schlimmer ist aber: Der Klimaschutz bei der DWS wird aufgeweicht und dies begründet Konzernchef Hoops auch noch mit einem angeblichen Interesse der Anleger*innen. Stattdessen sollte die DWS sich ein Vorbild nehmen an Union Investment, der als erster deutscher Vermögensverwalter Exxon auf die Ausschlussliste gesetzt hat und TotalEnergies mit der verheerenden Menschenrechtsbilanz seiner Projekte konfrontiert.“
„Indem die DWS einen Teil ihrer Artikel-8-ESG-Fonds für Rüstungsinvestitionen öffnet, erodiert sie die Glaubwürdigkeit nachhaltiger Investitionen. Es ist besonders besorgniserregend, dass in diesen Fonds nun auch Hersteller von kontroversen Waffen wie Nuklearwaffen und Waffen aus abgereichertem Uran enthalten sein können, welche durch internationale Abkommen verboten oder stark reglementiert sind. Außerdem erlaubt die DWS weiterhin Investitionen in Unternehmen, die Waffen an menschenrechtsverletzende Regime liefern und setzt unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit Menschenrechte aufs Spiel“, sagt Frederike Potts, Geschäftsführerin von Facing Finance.
Philippe Diaz kritisiert: „Verantwortungsbewusstes Investieren ist seit langem ein wichtiger Teil des Selbstverständnisses der DWS – so stand es noch bis mindestens 2023 auf der Webseite des WWF zur DWS. Das war damals schon wenig wahrheitsgetreu, wie Enthüllungen zum angeblich nachhaltigen Aktienfonds ‚DWS Concept ESG Blue Economy‘ zeigten. Laut Konzernchef Stefan Hoops wird sich daran nichts ändern. Denn wer Kunden und Kundinnen keine Vorgaben machen will und sein Nachhaltigkeitsengagement auf Training, Bienenstöcke und die Beschaffung von Bürostühlen fokussiert, der entzieht sich jeder Verantwortung. Es scheint, als würde die DWS sich nun nicht mal mehr die Mühe geben, einen positiven Anschein erwecken zu wollen.“
„Die DWS hat es versäumt, die langjährigen und anhaltenden Skandale rund um Greenwashing angemessen aufzuarbeiten und die Integrität nachhaltiger Finanzprodukte sicherzustellen“, so der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre in seinem Gegenantrag. „Deshalb werden wir die persönlich haftende Gesellschafterin der DWS nicht entlasten“, sagt der Geschäftsführer des Dachverbands, Markus Dufner.
Dufner ergänzt: „Trotz wiederholter öffentlicher Kritik hat die Unternehmensführung über Jahre hinweg ESG-Angaben gemacht, die einfach nicht den Tatsachen entsprochen haben. Dies hätte frühzeitig und ohne externe Ermittlungen von der DWS selbst beendet werden müssen.“
Die zivilgesellschaftlichen Kritiker*innen fordern von der DWS klare Ausschlusskriterien für Öl- und Gasunternehmen in sämtlichen Fonds - zuallererst für ESG-Fonds. Außerdem eine stärkere Verankerung von Menschenrechten in ihren Investitionsentscheidungen.
Zu den Gegenanträgen:
https://www.kritischeaktionaere.de/dws/greenwashing-verstoesse-haeufen-sich-weiterhin-an-unsere-gegenantraege/
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[1] Vgl. https://www.ardmediathek.de/video/plusminus/wwf-hilft-beim-greenwashing/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3BsdXNtaW51cy9iMGQwZDAxOS03ZGE4LTQ1NmYtODY5ZS0zM2MwM2YzNWY3MzM