Neue Studie: Chinas Ansätze zu Lieferkettenverantwortung und ihre Bedeutung für das EU-Lieferkettengesetz

Pressemitteilung
Sassenberg, Berlin 08.12.2021

Mit Blick auf den nun für Anfang 2022 angekündigten Kommissions-Entwurf für das EU-Lieferkettengesetz fordern die Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen urgewald und PowerShift einen faktenbasierten Diskurs hinsichtlich Chinas zentraler Bedeutung für nachhaltige globale Lieferketten. Speziell aus Sicht der neuen, heute vereidigten Bundesregierung sollte hier erhöhtes Interesse bestehen: denn China ist seit 2015 Deutschlands wichtigster Handelspartner. Eine heute veröffentlichte Studie von urgewald und PowerShift gibt daher einen Überblick über die Vielzahl bestehender chinesischer Ansätze zur Regulierung von Lieferkettenverantwortung und ordnet deren Bedeutung für den hiesigen politischen Diskurs ein.

Dr. Nora Sausmikat, China-Expertin bei urgewald und Autorin der Studie: „In dem von China schon lange vorbereiteten ‚Decoupling‘ stellen Standards einen Kampfplatz dar, auf dem sich das Land positiv hervortun möchte. Wenn nun weltweit agierende deutsche und generell europäische Unternehmen China immer wieder als Aufhänger für die Verhinderung verpflichtender Regulierungen zu Lieferketten anführen und das Argument „drohender Wettbewerbsnachteile“ bedienen, müssen sie sich im Klaren sein, dass ihr von China gezeichnetes Bild nicht mehr der Realität entspricht.“ 

Aus Sicht von urgewald und PowerShift ist die Ursache hierfür primär mangelnde Kenntnis der chinesischen Ansätze zur Regulierung von Lieferketten. Die in der neuen Studie aufgeführten vielfältigen chinesischen Gesetzesansätze und Richtlinien bereiten den Boden für neue Standards. China begann viel später als die europäischen Industrienationen mit wirtschaftlicher Expansion. Dennoch demonstrieren die in der Studie aufgezeigten Richtlinien eine gründliche Auseinandersetzung mit den Auswirkungen nicht nachhaltigen Auslandsengagements chinesischer Unternehmen, darunter auch im Rohstoffbereich. Dies ist besonders wichtig, da China zu den größten Importeuren von metallischen Rohstoffen gehört.

Gleichzeitig zeigt die Studie auch: Bisher setzt die chinesische Regierung auf Freiwilligkeit statt auf rechtsverbindliche Maßnahmen – genau wie die Europäische Union. Auch mangelt es sowohl im deutschen Lieferkettengesetz als auch in den chinesischen Richtlinien an klaren Beschwerdemechanismen für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltkatastrophen. Hierfür braucht es rechtsverbindliche Sorgfaltspflichten sowie Haftungsregeln und Monitoringmechanismen.

Nora Sausmikat: „Ohne das aktive Mitwirken chinesischer Akteure wird es nicht gelingen, speziell globale Lieferketten metallischer Rohstoffe nachhaltiger zu gestalten. Gute und effektive Gesetze und Industrieprogramme in China kommen deutschen und europäischen Verpflichtungen zu Nachhaltigkeit zugute. Wir sollten hier zusammen, nicht gegeneinander arbeiten. Richtig wäre, gemeinsam für einheitlich und weltweit geltende Standards aufeinander zuzugehen.“

Michael Reckordt, bei PowerShift für deutsche und europäische Rohstoffpolitik verantwortlich: „Es ist zu begrüßen, dass die heute vereidigte Regierung in dem Koalitionsvertrag ein wirksames EU-Lieferkettengesetz unterstützt. Nur so werden Unternehmen, die unter anderem in China produzieren und diese Produkte nach Europa bringen, zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards verpflichtet. Deutsche Unternehmen, die in China produzieren, tragen eine Verantwortung für die Situation vor Ort. Die neue Bundesregierung sollte daher Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen auch Klagen auf Schadensersatz von Unternehmen ermöglichen." Er fügt hinzu: „Europäische Betriebe haben jahrzehntelang von den niedrigen Standards in China profitiert. Im Wettbewerb der Systeme müssen wir zeigen, wie ernst es uns ist. Für wirksame menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten müssen diese Betriebe vorangehen, wenn es um Glaubhaftigkeit geht.“

 

Die Studie „Auf dem Weg zur Regulierung von Lieferkettenverantwortung: Richtlinien in der Volksrepublik China“ ist hier abrufbar: 
https://urgewald.org/shop/lieferkettenverantwortung-china

 

Kontakte:
Stefanie Jellestad | Pressesprecherin urgewald
030 8632 922-60, stefanie.jellestad@urgewald.org 

Vanessa Fischer | Pressesprecherin PowerShift
01575 4768413, vanessa.fischer@power-shift.de