Gestern hat die brasilianische Agentur für Erdöl, Erdgas und Biokraftstoffe (ANP) versucht, 172 Explorationsgebiete für Öl und Gas an fossile Konzerne zu versteigern. Die Gebiete verteilen sich auf die fünf Sedimentbecken „Foz do Amazonas“, „Santos“, „Pelotas“, „Potiguar“ und „Parecis“. Sie haben eine Gesamtfläche von 145.600 km2 – ein Gebiet größer als Nicaragua.
Letztendlich boten Unternehmen nur für 34 Blöcke oder 20 Prozent des Gesamtangebots. Neun Unternehmen boten mit, was auf ein geringes Marktinteresse an der Auktion schließen lässt. Die meisten der vergebenen Blöcke, insgesamt 19, befinden sich im „Foz do Amazonas“-Becken.
Verteilung der versteigerten Explorationsblöcke
- „Foz do Amazonas“: 19 von 47 angebotenen Blöcken (40 %)
- „Santos“: 11 von 54 Blöcken (20 %)
- „Pelotas“: 3 von 34 Blöcken (9 %)
- „Parecis“: 1 von 21 Blöcken (5 %)
- „Potiguar“: keine Blöcke vergeben
Neun Unternehmen sicherten sich Blöcke bei der Versteigerung: Chevron, Karoon, ExxonMobil, Petrobras, Shell, Dillianz, Equinor, CNPC und Petrogal. Insgesamt zahlten sie 989,2 Mio. Brasilianische Real (umgerechnet 179,8 Mio. USD).
Weitere Informationen zu Auktionsergebnissen von der brasilianischen NGO Arayara: https://leilaofossil.org/
Große Sorgen um Gebiete im „Foz do Amazonas“-Becken
Im wichtigsten Gebiet bei der Versteigerung, das „Foz do Amazonas“-Becken im Bundesstaat Amapá, wurde das für die Exploration vorgesehene Gebiet von 5.700 km2 auf 21.900 km2 erweitert. Zum ersten Mal seit dem Jahr 2003 vergab die brasilianische
Regierung Explorationsrechte für Öl und Gas in dieser Region, welche als eine der sozial und ökologisch sensibelsten des Landes gilt.
„Die Klimakonferenz in Belém im November ist eine historische Gelegenheit für Brasilien, um seine internationalen Klima- und Menschenrechtsverpflichtungen zu unterstreichen, insbesondere für den Schutz indigener Völker. Die versteigerten Öl- und
Gasgebiete stehen hierzu im direkten Widerspruch“, warnt Nicole Figueiredo de Oliveira, Geschäftsführerin des Instituto Internacional Arayara.
Erfolge für die Zivilgesellschaft
Auch wenn die Versteigerung stattfand, kann die brasilianische Zivilgesellschaft wichtige Erfolge für sich reklamieren. Keiner der Blöcke, die sich mit direkten Einflussgebieten (AID) indigener Gebiete überschneiden, wurde versteigert. Im „Potiguar“-Becken – einem Gebiet von großer ökologischer Bedeutung, zu dem auch die Umgebung des UNESCO-Weltnaturerbes „Fernando de Noronha“ gehört – wurden keinerlei Blöcke versteigert. Von den 118 Blöcken, die Arayara als umstritten identifiziert hatte, wurden nur 23 versteigert. Das bedeutet, dass 80,5 Prozent dieser Gebiete auch dank des Drucks aus der Zivilgesellschaft weiterhin von Öl- und Gasexploration verschont bleiben.
Klara Butz, Finanz-Campaignerin bei urgewald, sagt: „Die Tatsache, dass nur ein kleiner Teil der Gebiete versteigert werden konnte, liegt auch an dem massiven Druck und den Klagen aus der brasilianischen Zivilgesellschaft. Gleichzeitig gilt: Die neun Öl- und Gaskonzerne mit Zuschlägen aus der Auktion machen sich mitverantwortlich für massive Umweltzerstörung in dieser hochsensiblen Region. Die Auktion ist ein weiterer Beweis dafür, wie bereitwillig große Öl- und Gaskonzerne um ihres Profits willen jeden Anstand und jede Verantwortung über Bord werfen. Diese Unternehmen und ihre Geldgeber müssen akzeptieren, dass es angesichts der sich stetig verschärfenden Dürren, Waldbrände, Sturmfluten und des Anstiegs des Meeresspiegels nur eine Antwort geben kann: Fossile Expansion beenden!"
Indigene Völker in Gefahr
Wie Oliveira betont, kann Brasilien keine globale Führungsrolle in der Klimadiplomatie beanspruchen, wenn es gleichzeitig die Förderung fossiler Brennstoffe ausweitet – ohne dass ein Dialog mit betroffenen Gemeinschaften stattgefunden hat, wissenschaftliche Grundlagen beachtet und soziale und ökologische Gerechtigkeit sichergestellt wurden.
„Klimagerechtigkeit bedeutet Gerechtigkeit vor allem für indigene Völker. Ohne die Waldvölker gibt es keine Zukunft für den Planeten“, sagt Oliveira.
Oliveira bedauert außerdem, dass ANP die zahlreichen Dialogversuche ihrer Organisation Arayara vor der Auktion ignoriert habe. Das Institut reichte offizielle Briefe ein und bat um Treffen, um sicherzustellen, dass die Stimmen der betroffenen Gemeinschaften gehört werden. Indigene Führer*innen und Vertreter*innen aus betroffenen Gebieten reisten sogar nach Rio de Janeiro, um die Versteigerung zu verfolgen und die Anerkennung ihrer Interessen zu fordern – ohne dass die Behörde darauf reagiert hätte.
Das Fehlen einer vorherigen, freien und informierten Konsultation nach den Regeln der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) für indigene und in Stämmen lebende Völker, welche Brasilien unterzeichnet hat, ist eine schwere Menschenrechtsverletzung. Sie zeigt das systematische Versagen der brasilianischen Regierung dabei, die Rechte traditioneller Völker zu wahren, obwohl es das internationale Recht vorschreibt.