Tipps und Tricks bei der Analyse von Richtlinien
- Expansion
Besonders wichtig ist es, Unternehmen auszuschließen, die im fossilen Sektor weiter expandieren, denn um das Pariser Klimaziel noch annähernd erreichen zu können, dürfen laut der Internationalen Energieagentur (IEA) keine neuen Kohle-, Öl- und Gasressourcen mehr erschlossen werden.
- Unkonventionelle Fördermethoden
Im Öl- und Gassektor ist es auch dringend notwendig, Unternehmen, die an unkonventionellen Fördermethoden wie z.B. den Abbau von Teersanden, Fracking und Bohrvorhaben in der Arktis beteiligt sind, konsequent auszuschließen, da diese Fördertechniken ökologisch katastrophale Folgen haben und zudem sehr energie- und wasserintensiv sind.
- Relative Schwellenwerte
Teilweise eignet sich der Anteil am Energiemix besser als Maßstab als der Umsatz. Dies ist dann der Fall, wenn Unternehmen zu einem großen Anteil oder sogar ausschließlich Kohle verstromen, aber ihren Umsatz gleichzeitig aus anderen Geschäftsbereichen generieren.
- Absolute Schwellenwerte
Bei großen, stark diversifizierten Unternehmen ist eine Orientierung am Umsatz nicht aussagekräftig genug: So können Unternehmen zwar unter einer Umsatzschwelle von 10 Prozent durch Kohleabbau oder -verstromung liegen, aber in absoluten Zahlen dennoch so viel Kohle abbauen oder verstromen, dass die Emissionen, die daraus entstehen, in keinem Verhältnis zum Umsatz stehen. Außerdem weisen einige Unternehmen ihren Umsatz gar nicht klar aus, weshalb die Berechnung des Kohleanteils gar nicht möglich ist.
- Reichweite in der Wertschöpfungskette
Es gilt, möglichst tief in die jeweiligen Wertschöpfungsketten einzusteigen. Nicht nur der Abbau der fossilen Brennstoffe Kohle, Öl und Gas, sondern auch deren Verstromung muss in den Blick genommen werden. Außerdem muss auch die Infrastruktur in der Mitte der Wertschöpfungskette berücksichtigt werden, denn sie verstetigt das Geschäftsmodell der Unternehmen.
Um eine fundierte Entscheidung für eine nachhaltige Vermögensanlage treffen zu können, stellen wir im Folgenden die Kohle-, Öl- und Gasrichtlinien der sechs größten deutschen privaten Banken, der vier größten deutschen Vermögensverwalter, sowie den Nachhaltigkeitsbanken und Kirchenbanken vor.
Banken und Vermögensverwalter im Überblick
Legende
🔴 keine Einschränkungen, 🟢 Ausschluss, 🟡 starke Einschränkungen, 🟠 schwache Einschränkungen
Die Alternativ-, Nachhaltigkeits- und Kirchenbanken können nicht mit den konventionellen Banken verglichen werden, da sie ein komplett anderes Geschäftsmodell haben. Über die Kreditvergabe bekommen fossile Unternehmen von diesen Banken kein Geld. Sie sind also vom Geschäftsmodell her quasi fossilfrei. Die folgende Bewertung betrifft also lediglich die Eigenanlagen und in manchen Fällen auch die Fondsprodukte, sofern eigene angeboten werden.
Praxis-Check: Kredite für und Investitionen in fossile Unternehmen
Wie relevant verbindliche und strikte Richtlinien wären, um Finanzierungen von und Investitionen in fossile Unternehmen zu begrenzen, lässt sich auch bei Praxis-Checks ablesen. Die Deutsche Bank war z.B. von 2016 bis 2022 mit rund 96 Milliarden USD an Krediten für fossile Unternehmen beteiligt. In diesem Zeitraum übernahmen die Commerzbank rund 14 Mrd. und die DZ Bank knapp 2 Mrd. USD an Krediten für Kohle-, Öl- und Gasunternehmen (siehe Banking on Climate Chaos).
Auch die Investitionen dieser drei Institute und der hier analysierten Vermögensverwalter in fossile Unternehmen sind enorm. In diesem Jahr hat urgewald Investitionen der Deutschen Bank/DWS in Höhe von 27,7 Mrd. USD identifiziert. Union Investment, die Investmentsparte der DZ Bank, hielt Aktien und Anleihen in Höhe von knapp 8,9 Mrd. USD und die Commerzbank immerhin auch 355 Mio. USD. Die Allianz war über ihre Vermögensverwalter (z.B. Allianz Global Investors, aber auch Pimco) mit knapp 25,2 Mrd. USD investiert, bei Deka Investment beliefen sich die Investitionen auf 6,5 Mrd. USD (siehe Investing in Climate Chaos). Dass solche Investitionen auch durch Publikumsfonds getätigt werden, zeigt die Datenbank Faire Fonds.
Die Nachhaltigkeits- und Kirchenbanken: Es geht auch mehr
Neben den konventionellen Banken und Vermögensverwaltern können Stiftungen aus einem breiten Angebot an Alternativen wählen: den Nachhaltigkeitsbanken einerseits, GLS Bank, EthikBank, Triodos Bank und UmweltBank, und den Kirchenbanken, zwei evangelischen und fünf katholischen, andererseits. Nachhaltigkeitsbanken haben aufgrund ihrer Unternehmensphilosophie kein Interesse daran, klimaschädigende Unternehmen zu unterstützen. Neben klaren Ausschlusskriterien für kontroverse Sektoren konzentrieren sie ihre Finanzierungen und Investitionen auf Unternehmen und Projekte, die den Umweltschutz und die Energiewende voranbringen oder Bildungs- und Sozialinitiativen unterstützen. Auch sind sie deutlich transparenter als ihre konventionellen Pendants.
Im Vergleich dazu sind die Anlagerichtlinien der Kirchenbanken stark ethisch ausgerichtet und wurden erst in den vergangenen Jahren durch ökologische Kriterien ergänzt. Doch auch ihr Geschäftsmodell ist ein grundlegend anderes als das der konventionellen Privatbanken wie z.B. der Deutschen Bank und der Commerzbank. Ihre Kreditvergabe konzentriert sich auf kirchliche und/oder soziale Einrichtungen, während Unternehmenskredite sogar manchmal von vornherein per Satzung ausgeschlossen sind. Da diese Banken mehr Einlagen haben als sie an Krediten ausgeben, legen sie das restliche Kapital in Wertpapieren an. Über entsprechende Ethikfilter soll sichergestellt werden, dass dieses Geld nach christlichen Prinzipien angelegt wird, ohne Mensch und
Umwelt zu schädigen.
Unternehmen oder Projekte aus dem Bereich fossile Brennstoffe sind sowohl bei Nachhaltigkeits- als auch bei Kirchenbanken größtenteils von der Kreditvergabe ausgeschlossen. Und auch bei der Geldanlage gelten – v.a. im Vergleich zu den konventionellen Anbietern – deutlich strengere Richtlinien, die Investitionen in fossile Unternehmen per se sehr stark beschränken und überwiegend verbieten.
- Bei der Wahl von Finanzinstituten ist es mit Blick auf die Erderwärmung unerlässlich, auf deren Richtlinien im Umgang mit fossilen Unternehmen zu achten. Dies gilt für die Vermögensverwaltungen gleichermaßen wie für die Hausbank, denn diese kann die Einlagen ihrer Kund*innen für die Kreditvergabe möglicherweise für fossile Unternehmen nutzen
- Konventionelle Institute sind regelmäßig in die Finanzierung von und in Investitionen in fossile Unternehmen involviert. Die entsprechenden Richtlinien gehen noch längst nicht weit genug.
- Nachhaltigkeits- und Kirchenbanken können eine Alternative darstellen. Ihr Geschäftsmodell ist per se ein anderes als das der konventionellen Institute und ihre Richtlinien für den Umgang mit fossilen Unternehmen wesentlich besser.