Talanx-Tochter HDI hat über Jahre die Adani-Kohlemine in Australien versichert

Pressemitteilung
Berlin, Sydney 12.06.2020

Der Industrieversicherer HDI Global, eine Tochtergesellschaft des deutschen Konzerns Talanx, hat sich von 2015[1] bis Oktober 2019 an der Versicherung des umstrittenen Carmichael-Kohleminenprojekts in Australien beteiligt. Dies hat urgewald gestern Abend aus vertrauenswürdiger Quelle erfahren. Demnach führte erst die neue Kohlerichtlinie bei Talanx von April 2019 zum Auslaufen der Versicherung.

Diese Details geben mehr Klarheit über die Geschäfte, nachdem gestern australische Medien[2] über interne Dokumente des US-Versicherungsmaklers Marsh & McLennan berichtet hatten, die erstmals die Beteiligung eines deutschen Versicherers bei dem Minenprojekt enthüllten. Konkret sind darin HDI-Geschäfte von Ende vergangenen Jahres für das Minenprojekt zu sehen. Die Stop Adani-Kampagne hatte die Informationen durch eine Quelle bei Marsh, einem der weltweit größten Versicherungsmakler, erhalten. Sie liegen auch urgewald vor.[3]

In den Dokumenten werden auch Aspen Re und eine Tochtergesellschaft von Liberty Mutual als weitere Versicherer genannt – außer HDI hat auch Liberty laut einem Medienbericht mittlerweile die Versicherung für das Carmichael-Projekt beendet.[4] Wie urgewald erfuhr, gilt der Adani-Ausschluss bei HDI auch für wichtige Zulieferer des Minenprojekts, die nun ebenfalls nicht mehr versichert werden.

Gegen die vom indischen Konzern Adani vorangetriebene Megamine in der Region Queensland gibt es seit Jahren weltweite Proteste. Sie könnte Australiens größte Kohlemine werden und wird voraussichtlich insgesamt über 4 Milliarden Tonnen klimaschädliche Treibhausgas-Emissionen verursachen, mehr als das Fünffache der deutschen Jahresemissionen.[5] Auch für das Weltkulturerbe Great Barrier Reef und den Wasserhaushalt der Region Queensland hätte sie massive Auswirkungen. Anfang des Jahres geriet bereits Siemens durch seine Beteiligung an der Bahnlinie für den Kohletransport der Mine massiv in die Kritik.[6]

Moritz Schröder-Therre, Pressesprecher bei urgewald, kommentiert:
„Es ist ein Skandal, dass HDI über Jahre hinweg Adani dabei unterstützt hat sein Minenprojekt zu realisieren. Dass ihre neue Kohlerichtlinie zum Ausstieg geführt hat, ist nur konsequent. Dennoch trägt HDI Mitverantwortung bei der Ermöglichung eines der zerstörerischsten Projekte unserer Zeit. HDI muss nun sicherstellen, dass keinerlei Versicherung mehr für Adani, die Mine und jegliche involvierten Unternehmen angeboten wird.”

Schröder-Therre ergänzt:

„Erst im Zuge der neuen Kohlerichtlinie von 2019, die Talanx nach massivem öffentlichen Druck eingeführt hat, kam der Ausstieg. Schon vorher hätte sich eine Beteiligung am Carmichael-Projekt verboten. Das zeigt, dass das Klima- und Umweltbewusstsein bei Versicherern wie Talanx und HDI noch deutlich wachsen muss. Zumal auch die bestehende Richtlinie noch Kohleversicherung zulässt, zum Beispiel für Infrastrukturvorhaben.“[7]

Die Weitergabe der Marsh-Dokumente erfolgte nach monatelangem, internationalem Druck von Klima-Aktivist*innen auf den Versicherungsmakler[8] und andere Versicherungskonzerne, das Carmichael-Projekt nicht zu unterstützen. Mehr als 60 Unternehmen haben inzwischen eine Beteiligung verweigert oder diese durch neue Kohlerichtlinien ausgeschlossen.[9]

Das Durchstechen der Informationen deutet darauf hin, dass die Unterstützung der Kohlemine auch bei Marsh intern umstritten ist. Dies wurde auch in einer kürzlich veröffentlichten Befragung von Marsh-Mitarbeiter*innen durch die australische NGO Market Forces deutlich.[10] Bisher hat sich Marsh nicht von Carmichael und anderen klimafeindlichen Vorhaben distanziert oder eine ernstzunehmende Klimastrategie angekündigt.[11]

Pablo Bait, Campaigner bei der australischen NGO Market Forces, sagt:

„Aus unserer Umfrage geht hervor, dass mehr als vier von fünf befragten Mitarbeitern wollen, dass Marsh seine Arbeit für Adani einstellt und alle Versicherungsvermittlungen für fossile Energieträger beendet. Die Weigerung des Marsh-Managements, sich mit den Ansichten seiner Mitarbeiter zu beschäftigen, führt zu Ärger und zur Weitergabe vertraulicher Informationen. Diesen Konflikt zwischen dem Management und den Angestellten haben wir bei einer Reihe von Unternehmen erlebt, die das Carmichael-Projekt unterstützt haben.“

 

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[1] Konkreter Monat unbekannt.

[2] Vgl. https://www.smh.com.au/business/banking-and-finance/kept-under-lock-and-key-adani-secures-insurer-support-for-carmichael-mine-20200609-p550qh.html; https://www.theguardian.com/environment/2020/jun/12/adani-mine-three-major-insurers-to-have-no-further-involvement-in-coal-project

[3] Möglichkeiten zur Einsicht und Verifizierung der Informationen gewähren wir auf Anfrage.

[4] Vgl. https://www.theguardian.com/environment/2020/jun/12/adani-mine-three-major-insurers-to-have-no-further-involvement-in-coal-project

[5] Vgl. Taylor & Meinshausen, JOINT REPORT to the Land Court of Queensland on “Climate Change – Emissions”, Dezember 2014, v.a Seiten 8-10: http://envlaw.com.au/wp-content/uploads/carmichael14.pdf; Vgl. Umweltbundesamt, Treibhausgasemissionen gingen 2019 um 6,3 Prozent zurück, 16.03.2020: https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/treibhausgasemissionen-gingen-2019-um-63-prozent

[6] Vgl. https://urgewald.org/medien/siemens-fatale-entscheidung-kohlemine-konzern-haelt-adani-deal-fest

[7] Vgl. https://urgewald.org/medien/talanx-hannover-re-reagieren-ngo-kampagne

[8] Vgl. https://www.stopadani.com/thousands_join_stopadani_global_online_rally

[9] Vgl. https://www.marketforces.org.au/info/key-issues/theadanilist/

[10] Vgl. https://www.marketforces.org.au/marsh-and-mercer-ignoring-staff-wishes-by-continuing-adani-coal-work/

[11] Vgl. https://www.marketforces.org.au/marsh-mclennan-present-greenwash-at-agm/

 

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    Stefanie Jellestad
    Pressesprecherin
    stefanie.jellestad [at] urgewald.org
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