Weltbankreform: Fehlanzeige beim Ausstieg aus fossilen Energien

Pressemitteilung
Berlin/Washington 13.02.2023

Länder wie USA, Deutschland, Frankreich u.a. fordern noch für dieses Jahr massive Veränderungen in den Institutionen der Weltbankgruppe. Nach Meinung von urgewald laufen die entsprechenden Vorschläge des Weltbank-Managements mit der Überschrift „Evolution Roadmap“ (Entwicklungsfahrplan) jedoch Gefahr, in Sachen Klimaschutz zum Rohrkrepierer zu werden. Denn ein Ausstieg aus den fossilen Energien fehlt.

Heike Mainhardt, Weltbank-Kampaignerin von urgewald: „Es gibt enge Beziehungen zwischen der fossilen Industrie und der Weltbankgruppe. Ein Mangel an Transparenz und Berichterstattung verdeckt die vielfältigen Methoden, mit denen die Weltbank privatwirtschaftliche Gewinne und Investitionen im Bereich der fossilen Energien künstlich in die Höhe treibt und sichert. Leider zeigt die Weltbank auch in ihrer neuen ‚Evolution Roadmap‘ kein ausreichendes Umdenken. Sie untergräbt damit ihre eigenen Ziele im Bereich der Armutsbekämpfung und des Klimaschutzes.“


Letzte Woche reiste Jochen Flasbarth vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in die USA, um u.a. mit Vertreter*innen der Weltbank über den Reformprozess zu sprechen. In einer Pressemitteilung vom BMZ wird Flasbarth mit den Worten zitiert: „Ich werde angesichts der globalen Krisen bei meinen Gesprächen ausdrücklich für ambitionierte Reformen werben. Dazu gehören neu gestaltete, attraktive Konditionen, zum Beispiel bei der Finanzierung von Klimaschutzpolitiken. Die Reform der Bank ist ein entscheidender Schritt zu einer nachhaltigen Umsteuerung der internationalen Finanzarchitektur, die besser dafür geeignet ist, Zukunftsinvestitionen in den Entwicklungs- und Schwellenländern zu unterstützen. Die Weltbank muss hier ein Zeichen für andere multilaterale Organisationen setzen, sich den neuen Herausforderungen anzupassen. Nun gilt es, die Chance für nachhaltige Reformen zu nutzen.“

Ute Koczy, Senior Advisor Weltbank von urgewald: „Die Weltbank muss zügig aufarbeiten, welche Rolle die Bank selbst bei der Entstehung der multiplen Krisen spielt. Das gilt ganz besonders für die drohende Klimakatastrophe, aber auch für die Zwangsvertreibungen, mangelnde Geschlechtergerechtigkeit und Komplizenschaft mit korrupten Regierungen. Erst danach können wirkungsvolle Reformvorschläge entwickelt werden. Solch eine Aufarbeitung oder auch Selbstkritik sucht man in der ‚Evolution Roadmap‘ jedoch vergebens. Eine Kapitalerhöhung für ein ‚Weiter So‘ verbietet sich.“

Recherchen von urgewald und anderen Organisationen ergaben, dass die Weltbank seit dem Pariser Klimaabkommen viele Milliarden Dollar direkt und indirekt in die fossilen Energien gelenkt hat. Länder wie Mosambik, Indonesien, Pakistan, Nigeria, Guyana, Mexiko, Brasilien, Türkei, Aserbaidschan und die Mongolei sind dadurch stärker in die Abhängigkeit fossiler Energien geraten.

Heike Mainhardt: „Diese katastrophale Bilanz der Weltbankgruppe muss Anlass sein, in der ‚Evolution Roadmap‘ strukturelle Reformen zu Transparenz und Rechenschaftspflicht zu verankern. Die Weltbank darf nicht länger verschleiern, was tatsächlich mit Steuergeldern – auch aus Deutschland – passiert. Wir fordern von den staatlichen Anteilseignern der Weltbank, für eine ernsthafte Reform zu sorgen.“

Nach Meinung von urgewald ist es wichtig, in einem ersten Schritt diese drei Punkte umzusetzen: 

- Ausschluss aller Formen der Finanzierung von fossilen Brennstoffen: Wenn Anteilseigner verhindern wollen, dass die Weltbankgruppe bestimmte Bereiche wie Atomkraft, Waffen und Tabak finanziert, werden diese auf eine Ausschlussliste („Exclusion List“) oder eine Liste der ausgeschlossenen Ausgaben („Excluded Expenditures List“) gesetzt.  Analog dazu müssen jetzt alle kohle-, öl- und gasbezogenen Aktivitäten in die Ausschlusslisten aufgenommen werden. Dies muss für alle Arten der Finanzierung durch die Weltbankgruppe (d.h. direkte und indirekte Finanzierung, z.B. Haushaltsfinanzierung und Finanzintermediäre) geschehen und in die rechtsverbindlichen Finanzierungsvereinbarungen zwischen der Weltbankgruppe und ihren Kunden aufgenommen werden. 

-
Transparenz und Rechenschaftspflicht durch Audits: Ohne Transparenz und unabhängig geprüfte Daten über die Finanzierung fossiler Brennstoffe ist es für Anteilseigner und die Öffentlichkeit unmöglich, die Ausrichtung der Weltbankgruppe auf das Pariser Klimaabkommen wirklich zu überprüfen. Es müssen öffentlich zugängliche, unabhängige Prüfungen eingerichtet werden, speziell mit Blick auf die Aktivitäten der International Finance Corporation (IFC).


- Datenerhebung und Berichterstattung über fossile Abhängigkeit: Die Weltbank muss Kennzahlen ermitteln lassen, ob die Volkswirtschaften der Mitgliedsländer mehr oder weniger abhängig von fossilen Brennstoffen werden, gemessen am Anteil am BIP, am Anteil am Handel (Exporte und Importe), am Anteil an der Stromerzeugung und am Anteil an neuen Investitionen. Diese Daten müssen die direkten wie auch die indirekten Finanzierungen durch die Weltbank widerspiegeln, auch im Bereich der politischen Reformen und Budgethilfen.

Ein ausführliches Briefing von urgewald zur neuen „Evolution Roadmap“ der Weltbankgruppe (in Englisch) gibt es hier.

Kontakt

    Bild Anprechpartner   Heike Mainhardt

    Heike Mainhardt
    Senior Adviser für Kampagnen zu multilateralen Finanzinstitutionen
    heike.mainhardt [at] urgewald.org

    Bild Anprechpartner   Ute Koczy

    Ute Koczy
    Kampagnen zu Finanzinstitutionen, Schwerpunkt Weltbank
    ute.koczy [at] urgewald.org
    +49 (0)2583/30492-0

    Bild Anprechpartner   Stefanie Jellestad

    Stefanie Jellestad
    Pressesprecherin
    stefanie.jellestad [at] urgewald.org
    +49 (0)30 863 29 22-60

→  Unser Team