Im November 2021 sah es so aus, als sei das Ende der Kohle in Sicht. Auf der Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow einigten sich die Regierungen von 197 Ländern auf einen Ausstieg aus der Kohleverbrennung. Gleichzeitig verpflichteten sich viele der größten Geschäftsbanken der Welt, ihre Portfolios von fossilen Brennstoffen zu befreien. Heute haben urgewald und 23 internationale NGO-Partner die diesjährige Kohle-Banken-Studie „Still Banking on Coal“ veröffentlicht, die die Entwicklung der Finanzströme von 650 Geschäftsbanken an Kohleunternehmen seit Glasgow untersucht.
Die Ergebnisse sind ernüchternd: In den vergangenen drei Jahren haben weltweite Geschäftsbanken die Kohleindustrie mit mehr als 385 Milliarden US-Dollar unterstützt.
Katrin Ganswindt, Leiterin der urgewald-Finanzrecherche, sagt: „Wir hatten gehofft, nach Glasgow einen konstanten Abwärtstrend zu sehen. Unsere Daten zeigen, dass die Kohlefinanzierung zwar von 132 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 auf 123 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 zurückging. Im vergangenen Jahr stieg sie jedoch wieder auf 130 Milliarden US-Dollar an. Es ist, als hätte es Glasgow nie gegeben.“
Sämtliche Ergebnisse: www.stillbankingoncoal.org

Countdown für die Kohlefinanzierung bis 2030
Planungen für neue Kohlekraftwerke werden zunehmend unattraktiv, da erneuerbare Energieträger, insbesondere die Solarenergie, in fast allen Ländern der Welt inzwischen die günstigste Option für die Stromerzeugung sind. Im Jahr 2024 machten Solar- und Windenergie bereits 90 Prozent des weltweiten Kapazitätswachstums aus. Während die Anzahl neu geplanter Kohleprojekte rasant schrumpft, hat der weltweite Bestand an Kohlekraftwerken immer noch eine Kapazität von mehr als 2.100 Gigawatt (GW). Dessen anhaltende CO2-Emissionen treiben uns immer näher heran an katastrophale Klimakipppunkte.
Die Internationale Energieagentur (IEA) warnt in ihrem jüngsten Dekarbonisierungsbericht, dass die Kohlenutzung in entwickelten Volkswirtschaften bis 2030 und weltweit bis 2040 beendet werden muss.[1] Obwohl bis dahin kaum noch Zeit bleibt, haben nur 24 der 99 weltweit größten Geschäftsbanken Pläne, um ihre Kohlefinanzierung bis dahin einzustellen.[2] „Die Kohleparty ist vorbei, doch die meisten Banken weigern sich, nach Hause zu gehen“, kommentiert Ganswindt.
Welche Banken die Kohle am Leben erhalten
92 Prozent der 385 Milliarden US-Dollar, mit denen weltweite Geschäftsbanken zwischen 2022 und 2024 die Kohleindustrie finanziert haben, stammen von Banken mit Hauptsitz in 5 Ländern oder Regionen: China (248 Mrd. USD), USA (51 Mrd. USD), Japan (21 Mrd. USD), Europa (20 Mrd. USD) und Kanada (12 Mrd. USD). Eine Rangliste der 50 wichtigsten Kohlebanken und ihrer Länderzugehörigkeit findet sich im Anhang.
Tabelle: Weltregionen und Länder mit größter Banken-Kohlefinanzierung (in Mio. USD)
Rang | Land | 2022 | 2023 | 2024 | Gesamt |
1 | China | 86.762 | 75.939 | 85.466 | 248.167 |
2 | USA | 13.612 | 19.711 | 17.739 | 51.063 |
3 | Japan | 8.735 | 6.638 | 5.873 | 21.246 |
4 | Europa | 7.185 | 6.055 | 6.712 | 19.952 |
5 | Kanada | 3.936 | 4.821 | 3.545 | 12.303 |
1) Nordamerika
USA
Seit 2022 haben US-Banken ihre Unterstützung für die Kohleindustrie um mehr als 4 Milliarden US-Dollar erhöht, mit einem Höhepunkt im Jahr 2023. Die fünf größten Kohlebanken in den USA sind Bank of America (6,8 Mrd. USD), JPMorgan Chase (5,1 Mrd. USD), Citigroup (4,8 Mrd. USD), Wells Fargo (4,5 Mrd. USD) und Jefferies Financial Group (4 Mrd. USD). Jede einzelne dieser Banken hat ihre Kohlefinanzierung seit dem Klimagipfel in Glasgow erhöht, ein Ende ist bisher nicht in Sicht.
Am 27. November 2024 verklagten Texas und zehn weitere republikanisch geführte Bundesstaaten die weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock, State Street und Vanguard wegen ihrer Beteiligung an den Klimainitiativen „Climate Action 100+“ und „Net Zero Asset Managers Initiative“. In der Klage wurde behauptet, die „gemeinsame Absicht, die Produktion von Kraftwerkskohle zu reduzieren“ verstoße gegen das Kartellrecht. In den folgenden Wochen traten die Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs, JPMorgan Chase, Morgan Stanley und Wells Fargo aus der „Net Zero Banking Alliance“ aus. Seit dieser Ausstiegswelle ist Citi die einzige US-Bank, die sich öffentlich zum Ausstieg aus der Kohlefinanzierung verpflichtet hat.[1]
Tabelle: Größte Kohlebanken der USA (in Mio. USD)
Rang | Bank | 2022 | 2023 | 2024 | Gesamt |
1 | Bank of America | 1.413 | 2.887 | 2.536 | 6.836 |
2 | JPMorgan Chase | 1.490 | 1.852 | 1.790 | 5.132 |
3 | Citigroup | 1.445 | 1.685 | 1.701 | 4.831 |
4 | Wells Fargo | 1.208 | 1.650 | 1.620 | 4.479 |
5 | Jefferies Financial Group | 297 | 2.499 | 1.171 | 3.967 |
Unter den fünf größten US-Kohlebanken sticht die Jefferies Financial Group als diejenige mit dem am schnellsten wachsenden Kohlegeschäft heraus. Zwischen 2022 und 2024 steigerte Jefferies ihre Kohlefinanzierung um fast 400 Prozent und ist nun unter anderem der größte Geldgeber der umstrittenen Adani-Gruppe. Das Unternehmen plant eine Verdoppelung seiner Kohlestromproduktion und wurde von der US-Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit Bestechungsvorwürfen angeklagt. Während andere US-Banken ihre Geschäftsbeziehungen mit Adani beendeten, stellte Jefferies dem Unternehmen seit 2022 insgesamt 2 Milliarden US-Dollar zur Verfügung.
Kanada
Kanada ist Gründungsmitglied der „Powering Past Coal Alliance“ (PPCA), einem Netzwerk von Ländern, Städten und Unternehmen, das sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2030 in OECD- und EU-Ländern und bis 2040 weltweit aus der Kohle auszusteigen. Von den kanadischen Banken haben sich nur Desjardins und CDPQ der PPCA angeschlossen. Die sechs größten Geschäftsbanken des Landes haben sich jedoch nicht zum Kohleausstieg verpflichtet.
Seit 2022 haben Kanadas Geschäftsbanken der Kohleindustrie 12,3 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt. Die größten Kohlefinanzierer des Landes sind die Scotiabank mit 3,3 Milliarden US-Dollar, gefolgt von der Royal Bank of Canada (2,9 Mrd. USD), der Toronto-Dominion Bank (2,7 Mrd. USD), der Bank of Montreal (1,6 Mrd. USD) und der Canadian Imperial Bank of Commerce (1,3 Mrd. USD).
Tabelle: Größte Kohlebanken Kanadas (in Mio. USD)
Rang | Bank | 2022 | 2023 | 2024 | Gesamt |
1 | Scotiabank | 1.180 | 1.187 | 891 | 3.258 |
2 | Royal Bank of Canada | 941 | 1.152 | 814 | 2.907 |
3 | Toronto-Dominion Bank | 741 | 1.108 | 820 | 2.669 |
4 | BMO Financial Group | 435 | 657 | 494 | 1.586 |
5 | CIBC | 481 | 519 | 348 | 1.348 |
Es bleibt abzuwarten, ob Kanadas Regierungschef Mark Carney Maßnahmen ergreifen wird, damit die kanadischen Banken die Bemühungen für einen Kohleausstieg nicht länger untergraben. Vor 10 Jahren, während seiner Amtszeit als Gouverneur der Bank of England, hielt Carney eine bahnbrechende Rede über die finanziellen Risiken des Klimawandels.[1] Als UN-Sondergesandter für Klima und Finanzen spielte Carney eine Schlüsselrolle bei der Gründung der „Glasgow Financial Alliance for Net Zero“ (GFANZ) im Jahr 2021.[2]
„Kanadas große Geschäftsbanken haben kaum wahrnehmbare Klimaverpflichtungen und halten die Kohle am Leben. Premierminister Mark Carney muss sich für staatliche Regelungen einsetzen, die die Banken dazu bringen, ihre Energiefinanzierung umzustellen“, sagt Richard Brooks, Leiter des Bereichs Klimafinanzierung der kanadischen NGO Stand.earth.
2) Europa
Europäische Banken haben die Kohleindustrie seit Glasgow mit 20 Milliarden US-Dollar versorgt. Die größten Kohlebanken in Europa sind die britische Barclays (4 Mrd. USD), Deutsche Bank (2 Mrd. USD), BNP Paribas aus Frankreich (1,5 Mrd. USD), die Schweizer UBS (1,3 Mrd. USD) und Santander aus Spanien (0,9 Mrd. USD). Während BNP Paribas, UBS und Santander ihr jährliches Kohlefinanzvolumen seit 2022 stetig zurückgefahren haben, erhöhten die Deutsche Bank und Barclays ihre Unterstützung für die Branche.
Im Jahr 2024 lag die Kohlefinanzierung der Deutschen Bank um 151 Prozent und die von Barclays um 20 Prozent höher als im Jahr 2022. Dies steht in krassem Gegensatz zur UBS, die ihre Kohlefinanzierung im gleichen Zeitraum um 76 Prozent auf zuletzt 154 Millionen US-Dollar verringerte.
Tabelle: Größte Kohlebanken Europas (in Mio. USD)
Rang | Bank | Land | 2022 | 2023 | 2024 | Gesamt |
1 | Barclays | GBR | 1.175 | 1.469 | 1.410 | 4.054 |
2 | Deutsche Bank | DEU | 393 | 689 | 987 | 2.069 |
3 | BNP Paribas | FRA | 589 | 473 | 436 | 1.498 |
4 | UBS | CHE | 646 | 524 | 154 | 1.324 |
5 | Santander | ESP | 327 | 314 | 284 | 926 |
Ein Vergleich der Kohlerichtlinien von UBS, Barclays und der Deutschen Bank macht deutlich, warum sich die Trends bei der Kohlefinanzierung zwischen ihnen so stark unterscheiden. Während die UBS Unternehmen ausschließt, die mehr als 20 Prozent ihres Umsatzes aus dem Kohlebergbau oder der Kohlestromerzeugung erzielen, hat Barclays erst vor kurzem einem Schwellenwert von 30 Prozent eingeführt.[1] Die Deutsche Bank
arbeitet immer noch mit einem schwachen Schwellenwert von 50 Prozent für den Ausschluss von Kohleunternehmen.[2]
„Barclays und die Deutsche Bank müssen umgehend die Umsatzschwellenwerte für Kohle verschärfen und ihre Kohlefinanzierung zurückfahren. Je früher die Energie- und die Finanzindustrie den Schalter komplett umlegen, desto leichter können sie den Umstieg bewältigen. Und je früher wir die Emissionen senken, desto größer sind unsere Chancen, einen Zusammenbruch unseres Klimasystems zu verhindern“, so Ganswindt.
Analyse zu deutschen Banken
Die Finanzrecherche zeigt einen starken Aufwärtstrend bei der Kohlefinanzierung bei der Deutschen Bank im gesamten Untersuchungszeitraum 2022 bis 2024 und bei der Commerzbank zwischen 2023 und 2024: Die Deutsche Bank erhöhte ihr Finanzvolumen für den Sektor zwischen 2022 und 2023 zunächst um 75 Prozent von 393 auf 689 Millionen US-Dollar, anschließend erneut um 43 Prozent auf 987 Millionen US-Dollar im Jahr 2024. Die Commerzbank reduzierte zunächst ihre Kohlefinanzierung von 213 Millionen US-Dollar im Jahr 2022 auf 191 Millionen US-Dollar im Jahr 2023 – um sie im Anschluss deutlich bis 2024 zu erhöhen, um 118 Prozent auf 417 Millionen US-Dollar.
Bei der Deutschen Bank gab es noch zuletzt einen besonders eklatanten Fall von Kohlefinanzierung, für das US-Bergbauunternehmen Peabody: Im November 2024 kaufte Peabody Energy die Kohleanlagen des südafrikanischen Unternehmens Anglo American. Die einzige europäische Bank, die sich an der Finanzierung beteiligte, war die Deutsche Bank.[3] Besonders heikel: Eine der zum Verkauf stehenden Minen produziert ausschließlich Kraftwerkskohle. Hier zeigt sich, warum die Kohlerichtlinie der Deutschen Bank klare Schwächen hat. Sie schließt die Finanzierung von Projekten für Kraftwerkskohle zwar aus, an der Finanzierung von Unternehmen, die solche Kohlegeschäfte expandieren, hält sie jedoch fest.
Philipp Noack, Finanz-Campaigner für den deutschen Bankensektor, kommentiert: „Was muss ein Unternehmen überhaupt machen, damit es kein Geld mehr von der Deutschen Bank bekommt? Der US-amerikanische Kohlegigant Peabody macht 95 % Prozent seines Umsatzes mit Kohle und steht heftig in der Kritik, weil er jahrelang die Gewinne privatisiert hat, aber die Folgekosten des Kohlebergbaus auf die Allgemeinheit abwälzt. Und was macht die Deutsche Bank? Sie ist mit 474,1 Millionen US-Dollar im Jahr 2024 der weltweit zweitgrößte Geldgeber von Peabody. Das ist kein Deal, das ist ein Offenbarungseid.“
Nachdem die meisten deutschen Landesbanken[4] ihre Kohlefinanzierung in den vergangenen drei Jahren teils deutlich reduziert, oder aber zuletzt keinerlei Gelder mehr für den Sektor zur Verfügung gestellt haben, unterstützte nur noch die BayernLB den Sektor zuletzt mit zweistelligen Millionensummen; im Jahr 2024 lag ihr Kohlefinanzvolumen bei 47 Millionen US-Dollar.
Darüber hinaus unterstützt auch die DZ Bank, Zentralbank der deutschen Genossenschaftsbanken, den Kohlesektor noch mit größeren Summen und hat ihr Volumen zuletzt leicht gesteigert, um 24 Prozent von 59 Millionen US-Dollar im Jahr 2023 auf 73 Millionen US-Dollar im Jahr 2024.
Noack sagt: „Der deutsche Bankensektor zeigt beim Thema Kohle ein zweigeteiltes Bild: Auf der einen Seite stehen die großen Privatbanken Deutsche Bank und Commerzbank, in kleinerem Umfang auch die genossenschaftliche DZ Bank, die den Sektor weiterhin stark finanzieren. Auf der anderen Seite ist ein klarer Rückzug der deutschen Landesbanken zu erkennen, mit Ausnahme der BayernLB. Während die BayernLB intensiv versucht ihrem Tochterunternehmen DKB mit Werbekampagnen ein grünes Image zu verpassen, droht sie mit Kohlegeschäften ihre klimabewusste, junge Zielgruppe zu vergraulen.“
Analyse zu österreichischen Banken
Nach wie vor finanzieren die Erste Group und die Raiffeisen Bank den Kohlesektor jeweils mit zweistelligen Millionensummen im Jahr – wobei die Erste Group ihre Finanzierung, nach einem zuvor starken Rückgang von 148 Millionen (2022) auf 36 Millionen US-Dollar (2023), bis 2024 wieder deutlich gesteigert hat, um 97 Prozent auf 71 Millionen US-Dollar. Die Raiffeisen Bank hat ihre Kohlefinanzierung demgegenüber in den vergangenen drei Jahren stetig reduziert, von 95 Millionen US-Dollar im Jahr 2022, über 34 Millionen US-Dollar im Jahr 2023, auf zuletzt 26 Millionen US-Dollar in 2024.
Analyse zu Schweizer Banken
Die UBS bleibt die tonangebende Kohlebank der Schweiz, wenn auch mit deutlich abnehmender Tendenz: Ausgehend von 646 Millionen US-Dollar im Jahr 2022 sank ihr Finanzvolumen für den Sektor in 2023 auf 524 und zuletzt nochmal deutlich, auf 154 Millionen US-Dollar im Jahr 2024 – ein Rückgang um 71 Prozent innerhalb eines Jahres. Es folgen mit großem Abstand die Geldgeber EFG International (10 Mio. USD in 2024), der Versicherungskonzern Chubb (10 Mio. USD in 2024) und die Zürcher Kantonalbank (4 Mio. USD in 2024).
Johanna Frühwald, Finanz-Campaignerin mit Schwerpunkt Österreich und Schweiz, kommentiert: „Auch wenn die Trends ihrer Kohlefinanzierung unterschiedlich sind, überschreiten UBS, Erste Group und Raiffeisen alle eine klare rote Linie. Sie finanzieren nach wie vor auch Unternehmen, die ihr Kohlegeschäft weiter ausbauen. So überwiesen Raiffeisen und Erste Group 2024 zweistellige Millionenbeträge an den tschechischen Energiekonzern CEZ, obwohl der seine Kohleminenkapazität ausweitet. Und obwohl die Kohlefinanzierung der UBS gesunken ist, finden wir beispielsweise den höchst umstrittenen Schweizer Kohlekonzern Glencore im Portfolio. Glencore entschied erst kürzlich, sein Kohlegeschäft, entgegen früherer Planungen, doch weiter fortzusetzen und auszubauen – auf Kosten von Mensch und Natur.“
3) Ostasien
China
Während chinesische Geschäftsbanken im Jahr 2024 geringfügig weniger Finanzmittel für die Kohleindustrie bereitstellten als im Jahr 2022, sind sie nach wie vor die größten Kohlebanken weltweit. Seit 2022 haben sie den Sektor mit mehr als 248 Milliarden US-Dollar unterstützt. Im Gegensatz zu nordamerikanischen, europäischen und japanischen Banken, die Kohleunternehmen weltweit finanzieren, unterstützen chinesische Banken fast ausschließlich heimische Kohleunternehmen.
Unter den fünf größten chinesischen Kohlebanken war die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) die einzige Bank, deren jährliche Kohlefinanzierung im Jahr 2024 niedriger lag als im Jahr 2022. Die anderen vier Top-Kohle-Banken in China haben ihre Unterstützung für die Branche seit 2022 erhöht, wobei CITIC mit fast 5 Milliarden US-Dollar den größten Anstieg seit dem UN-Klimagipfel in Glasgow verzeichnet.
Tabelle: Größte Kohlebanken Chinas (in Mio. USD)
Rang | Bank | 2022 | 2023 | 2024 | Gesamt |
1 | CITIC | 7.988 | 8.608 | 12.719 | 29.315 |
2 | Industrial and Commercial Bank of China | 8.070 | 5.036 | 6.532 | 19.638 |
3 | China Merchants Bank | 5.057 | 4.836 | 6.574 | 16.467 |
4 | China Everbright | 4.484 | 5.022 | 6.238 | 15.744 |
5 | Industrial Bank Company | 3.259 | 4.386 | 6.986 | 14.631 |
Japan
In den vergangenen drei Jahren haben japanische Geschäftsbanken mehr als 21 Milliarden US-Dollar für die Kohleindustrie bereitgestellt. Die jährlichen Zahlen zeigen jedoch einen eindeutigen Abwärtstrend. Im Jahr 2024 lag die japanische Kohlefinanzierung bei 5,9 Milliarden US-Dollar, gegenüber 8,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 – ein Rückgang um 32 Prozent.
Den stärksten Rückgang im Jahr 2024 verzeichneten die SMBC Group und Nomura, die jeweils fast 600 Millionen US-Dollar weniger für die Kohleindustrie bereitstellten als 2022. Wenn es den japanischen Banken jedoch ernst ist mit der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C oder sogar 2°C, müssen sie einen Schritt weiter gehen und sich verpflichten, in OECD-Ländern bis 2030 und in allen übrigen Ländern bis 2040 aus der Kohle auszusteigen.
Tabelle: Größte Kohlebanken Japans (in Mio. USD)
Rang | Bank | 2022 | 2023 | 2024 | Gesamt |
1 | Mizuho Financial | 2.997 | 2.359 | 2.246 | 7.603 |
2 | Mitsubishi UFJ Financial | 1.701 | 1.994 | 1.531 | 5.226 |
3 | SMBC Group | 1.552 | 1.411 | 936 | 3.899 |
4 | Nomura | 980 | 323 | 300 | 1.603 |
5 | Daiwa Securities | 712 | 186 | 229 | 1.127 |
Ayumi Fukakusa, Geschäftsführerin von Friends of the Earth Japan, kommentiert: „Den japanischen Banken fehlt es immer noch an glaubwürdigen Transitionsplänen und an Richtlinien, die im Einklang mit dem Pariser Klimaziel stehen. Vor allem Mizuho und Mitsubishi UFJ müssen aufhören auf der Stelle zu treten. Ihre Kohleportfolios lesen sich wie ein ‚Who is Who‘ der Unternehmen, die sich am stärksten der Energiewende widersetzen. Mizuho und Mitsubishi UFJ müssen endlich ernstzunehmende Verpflichtungen zum Kohleausstieg einführen.“
4) Südostasien
Tabelle: Länder Südostasiens mit der größten Banken-Kohlefinanzierung (in Mio. USD)
Rang | Land | 2022 | 2023 | 2024 | Gesamt |
1 | Indonesien | 1.412 | 3.067 | 3.979 | 8.458 |
2 | Malaysia | 747 | 408 | 333 | 1.488 |
3 | Thailand | 813 | 340 | 293 | 1.447 |
4 | Singapur | 466 | 417 | 464 | 1.347 |
5 | Philippinen | 782 | 75 | 35 | 891 |
Zahlreiche Neubaupläne für Kohlekraftwerke in Südostasien wurden abgesagt und auch die Finanzierung für Kohle durch dortige Geschäftsbanken ist stark zurückgegangen. So lag die Kohlefinanzierung durch Banken in Malaysia und Thailand zuletzt weniger als halb so hoch wie im Jahr 2022. Die Kohlefinanzierung durch philippinische Banken ging seit der COP26 in Glasgow sogar um 96 Prozent zurück.
Die indonesischen Banken bilden die Ausnahme. Sie haben ihre Kohlefinanzierung seit 2022 von 1,4 Milliarden US-Dollar auf 4 Milliarden US-Dollar fast verdreifacht. Dies liegt vor allem daran, dass in Indonesien immer noch mehr als 13 GW an neuer Kohlekraftwerkskapazität geplant ist. Da viele europäische und japanische Banken nicht mehr bereit sind, neue Kohleprojekte zu finanzieren, versuchen indonesische Banken, diese Lücke zu füllen. Sie sind zur wichtigsten Finanzierungsquelle für die größten Kohleunternehmen des Landes geworden.
Wie die Welt von der Kohle loskommt
Mindestens 30 Prozent des Temperaturanstiegs auf unserem Planeten werden durch die Verbrennung von Kohle ausgelöst. Das Jahr 2024 war mit 1,55°C Klimaerhitzung im Vergleich zum vorindustriellen Niveau das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Umso dringender müssen Staaten und Banken die auf dem Klimagipfel von Glasgow eingegangenen Verpflichtungen zum Ausstieg aus Kohle umsetzen. Immer mehr Menschen auf der Welt leiden unter den Waldbränden, Dürren, Hitzewellen, Überschwemmungen und anderen extremen Wetterereignissen, die durch die Klimakrise zunehmend verschärft werden.
Gleichzeitig ist der Ausstieg aus Kohle der leichteste unter den vielen Schritten, die notwendig sind, um bis zum Jahr 2050 das Netto-Null-Emissionsziel zu erreichen. Umso erstaunlicher ist es, dass sich viele Geschäftsbanken weltweit hartnäckig weigern anzuerkennen, dass es für den Ausstieg aus Kohle einen Ausstieg aus der Finanzierung von Kohle braucht.
Ganswindt sagt: „Unsere Ergebnisse sind ein Aufruf zum Handeln für Vermögensverwalter, die Finanzaufsicht und zivilgesellschaftliche Organisationen gleichermaßen. Für all jene, die verstehen, dass die Kohlefinanzierung unsere Wirtschaft, das Finanzsystem und am Ende uns alle in höchste Gefahr bringt. Vermögensverwalter müssen ihre Investitionen in solche Banken überdenken, die die Kohle am Leben erhalten. Regulierungsbehörden müssen Finanzströme in Kohle einschränken, da sie systemische Risiken erhöhen. Zivilgesellschaftliche Organisationen müssen jede einzelne Bank anprangern, die unsere Zukunft durch Kohlegeschäfte im Würgegriff hält.“
Methodik
Die Finanzdaten für diese Recherche stammen aus dem Datensatz „BOCC+ 2025“, der von der NGO-Koalition hinter der Veröffentlichungsreihe „Banking on Climate Chaos“ aufgebaut wurde (darunter Rainforest Action Network, Indigenous Environmental Network, BankTrack, CEED, Oil Change International, Reclaim Finance, Sierra Club und urgewald). Der Finanzdatensatz wurde in Zusammenarbeit mit Profundo, einem gemeinnützigen Datenanalysten in den Niederlanden, zusammengestellt. Die Branchendaten basieren auf den Ausgaben 2022, 2023 und 2024 der Industriedatenbank Global Coal Exit List (GCEL) von urgewald. Weitere Informationen zur Methodik finden sich unter www.stillbankingoncoal.org/methodology
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[1] Vgl. Internationale Energieagentur: Net Zero Roadmap – A Global Pathway to Keep the 1.5 °C Goal in Reach, 2023 Update, S.79-81, 92: https://iea.blob.core.windows.net/assets/8ad619b9-17aa-473d-8a2f-4b90846f5c19/NetZeroRoadmap_AGlobalPathwaytoKeepthe1.5CGoalinReach-2023Update.pdf
[2] Vgl. Reclaim Finance: Coal Policy Tool: https://coalpolicytool.org
[3] Die Mitglieder dieser freiwilligen Initiative verpflichten sich, ihre finanzierten Emissionen bis 2050 auf Netto-Null zu reduzieren: https://www.unepfi.org/net-zero-banking/
[4] Vgl. https://www.bankofengland.co.uk/speech/2015/breaking-the-tragedy-of-the-horizon-climate-change-and-financial-stability
[5] GFANZ ist eine Dachorganisation, die Initiativen wie die „Net-Zero Banking Alliance“ und die „Net-Zero Asset Owner Alliance“ unter sich vereint. Sie wurde auf der COP26 gegründet. Vgl. https://www.gfanzero.com/
[6] Vgl. https://home.barclays/content/dam/home-barclays/documents/citizenship/our-reporting-and-policy-positions/Climate-Change-Statement.pdf
[7] Vgl. https://www.db.com/news/detail/20230302-deutsche-bank-announces-additional-measures-to-reinforce-net-zero-commitment?language_id=1
[8] Vgl. https://www.mining.com/web/deutsche-bank-sticks-out-among-financiers-of-peabodys-coal-loan/
[9] Von der Finanzrecherche werden folgende Landesbanken erfasst: Landesbank Baden-Württemberg, Landesbank Hessen-Thüringen, Bayern LB, Landesbank Berlin und Norddeutsche Landesbank
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ANHANG
Länderrangfolge nach Umfang der Bankenfinanzierung für Kohle (in Mio. USD)
Rang | Land | 2022 | 2023 | 2024 | Gesamt |
1 | China | 86.762 | 75.939 | 85.466 | 248.167 |
2 | USA | 13.612 | 19.711 | 17.739 | 51.063 |
3 | Japan | 8.735 | 6.638 | 5.873 | 21.246 |
4 | Kanada | 3.936 | 4.821 | 3.545 | 12.303 |
5 | Indien | 3.592 | 1.784 | 3.100 | 8.476 |
6 | Indonesien | 1.412 | 3.067 | 3.979 | 8.458 |
7 | Großbritannien | 1.897 | 1.943 | 2.067 | 5.907 |
8 | Deutschland | 1.565 | 1.043 | 1.534 | 4.141 |
9 | Südkorea | 828 | 1.080 | 1.104 | 3.012 |
10 | Frankreich | 920 | 970 | 842 | 2.732 |
11 | Australien | 800 | 693 | 847 | 2.340 |
12 | Taiwan | 872 | 720 | 456 | 2.047 |
13 | Polen | 674 | 410 | 613 | 1.697 |
14 | Spanien | 481 | 514 | 618 | 1.613 |
15 | Malaysia | 747 | 408 | 333 | 1.488 |
16 | Thailand | 813 | 340 | 293 | 1.447 |
17 | Schweiz | 657 | 586 | 181 | 1.424 |
18 | Südafrika | 938 | 269 | 163 | 1.370 |
19 | Singapur | 466 | 417 | 464 | 1.347 |
20 | Italien | 612 | 298 | 250 | 1.160 |
50 größte Kohlebanken (in Mio. USD)
Rang | Bank | Land | 2022 | 2023 | 2024 | Gesamt |
1 | CITIC | China | 7.988 | 8.608 | 12.719 | 29.315 |
2 | Industrial and Commercial Bank of China | China | 8.070 | 5.036 | 6.532 | 19.638 |
3 | China Merchants Bank | China | 5.057 | 4.836 | 6.574 | 16.467 |
4 | China Everbright | China | 4.484 | 5.022 | 6.238 | 15.744 |
5 | Industrial Bank Company | China | 3.259 | 4.386 | 6.986 | 14.631 |
6 | Shanghai Pudong Development Bank | China | 3.920 | 4.813 | 4.326 | 13.059 |
7 | CSC Financial | China | 4.363 | 2.851 | 3.878 | 11.092 |
8 | Bank of Beijing | China | 2.194 | 3.531 | 4.910 | 10.636 |
9 | Bank of China | China | 2.277 | 2.641 | 3.856 | 8.774 |
10 | Bank of Communications | China | 6.201 | 2.084 | 375 | 8.661 |
11 | Agricultural Bank of China | China | 4.104 | 1.043 | 3.321 | 8.468 |
12 | Bank of Ningbo | China | 3.687 | 3.042 | 1.285 | 8.014 |
13 | Mizuho Financial | Japan | 2.997 | 2.359 | 2.246 | 7.603 |
14 | Bank of America | USA | 1.413 | 2.887 | 2.536 | 6.836 |
15 | China International Capital Corporation | China | 2.510 | 1.743 | 2.241 | 6.494 |
16 | Ping An Insurance Group | China | 1.864 | 2.418 | 1.895 | 6.177 |
17 | China Minsheng Banking | China | 1.390 | 3.416 | 1.241 | 6.047 |
18 | China Construction Bank | China | 2.454 | 1.767 | 1.310 | 5.532 |
19 | Mitsubishi UFJ Financial | Japan | 1.701 | 1.994 | 1.531 | 5.226 |
20 | JPMorgan Chase | USA | 1.490 | 1.852 | 1.790 | 5.132 |
21 | Huatai Securities | China | 2.210 | 1.768 | 1.138 | 5.116 |
22 | Guotai Junan Securities | China | 1.107 | 1.333 | 2.410 | 4.850 |
23 | Citigroup | USA | 1.445 | 1.685 | 1.701 | 4.831 |
24 | Wells Fargo | USA | 1.208 | 1.650 | 1.620 | 4.479 |
25 | Bank of Shanghai | China | 1.234 | 1.950 | 1.137 | 4.321 |
26 | Hua Xia Bank | China | 2.774 | 819 | 604 | 4.196 |
27 | Barclays | Großbritannien | 1.175 | 1.469 | 1.410 | 4.054 |
28 | Jefferies Financial Group | USA | 297 | 2.499 | 1.171 | 3.967 |
29 | PNC Financial Services | USA | 1.222 | 1.179 | 1.546 | 3.948 |
30 | SMBC Group | Japan | 1.552 | 1.411 | 936 | 3.899 |
31 | US Bancorp | USA | 1.345 | 1.270 | 1.244 | 3.858 |
32 | Bank of Hangzhou | China | 926 | 1.469 | 1.300 | 3.695 |
33 | Bank Mandiri | Indonesien | 598 | 1.343 | 1.623 | 3.564 |
34 | Scotiabank | Kanada | 1.180 | 1.187 | 891 | 3.258 |
35 | Royal Bank of Canada | Kanada | 941 | 1.152 | 814 | 2.907 |
36 | Goldman Sachs | USA | 1.216 | 1.042 | 638 | 2.896 |
37 | Haitong Securities | China | 550 | 653 | 1.685 | 2.887 |
38 | Morgan Stanley | USA | 628 | 1.306 | 897 | 2.830 |
39 | GF Group | China | 331 | 1.337 | 1.048 | 2.716 |
40 | Toronto-Dominion Bank | Kanada | 741 | 1.108 | 820 | 2.669 |
41 | China Bohai Bank | China | 994 | 470 | 1.163 | 2.627 |
42 | Truist Financial | USA | 647 | 941 | 829 | 2.417 |
43 | Postal Savings Bank of China | China | 780 | 1.040 | 292 | 2.112 |
44 | Deutsche Bank | Deutschland | 393 | 689 | 987 | 2.069 |
45 | Shenwan Hongyuan Group | China | 769 | 735 | 461 | 1.965 |
46 | China Zheshang Bank | China | 969 | 410 | 580 | 1.959 |
47 | China Guangfa Bank | China | 1.032 | 579 | 183 | 1.795 |
48 | State Bank of India | Indien | 549 | 272 | 961 | 1.782 |
49 | Bank of Tianjin | China | 1.219 | 338 | 144 | 1.701 |
50 | Bank Negara Indonesia | Indonesien | 273 | 602 | 789 | 1.665 |