Samstag, den 8. Oktober 2022
Es geht wieder los. Nach drei Jahren Corona fĂŒhrt uns die einwöchige Reise wieder direkt in die Hauptstadt Washington. Ich bin jedenfalls aufgeregt, denn die FormalitĂ€ten sind komplizierter geworden und die Kritik an der Weltbank noch gröĂer. Die Woche in der US-Hauptstadt verspricht wegen der vielen Protestaktionen spannend zu werden. Auch hat sich das urgewald Team verĂ€ndert. Der langjĂ€hrig Weltbank-Reisende Knud Vöcking zieht sich zurĂŒck, wĂ€hrend Dustin SchĂ€fer, Nora Sausmikat und ich jetzt zu dritt den beiden Bretton-Wood-Institutionen Internationaler WĂ€hrungsfonds (IWF) und Weltbank (WB) auf die Finger schauen. AuĂerdem freuen wir uns auf das Wiedersehen mit unserer US-Kollegin Heike Mainhardt.
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Was treibt uns um?
Der Zustand der Welt und die TĂŒcke der Weltbank. Das klingt vielleicht etwas platt. Aber es trifft den Kern. Die Informationen von Projekten vor Ort und unsere Recherchen decken auf, wie die Weltbank direkt wie indirekt Kohle, Ăl und Gas befördert. Sie tut das nicht mehr offensiv, doch nutzt sie ihre Instrumente hinter den Kulissen, um die Regierungen zu beraten, wie man die GeschĂ€fte mit fossilen Rohstoffen fĂŒhrt. NĂŒtzen tut dies vor allem den groĂen Konzernen und nicht den Menschen in LĂ€ndern wie Ghana, Guyana oder Pakistan. Das kritisieren wir aufs SchĂ€rfste.
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AuĂerdem ist der PrĂ€sident der Weltbank, David Malpass untragbar geworden. Befragt zum menschengemachten Klimawandel wollte er sich auf einer Veranstaltung der New York Times mit âIch bin kein Wissenschaftlerâ wie schon 2019 windelweich aus der AffĂ€re ziehen. Das ging nach hinten los, denn diesmal war der Aufschrei groĂ1. Auch war der prompte Kommentar von Al Gore, Malpass sei ein âKlimaleugnerâ, vernichtend.
Damit hatte David Malpass selbst fĂŒr schlechte Schlagzeilen gesorgt und den Medien den idealen AufhĂ€nger fĂŒr Kritik an der schlaffen Klimapolitik der Weltbank gegeben. Die Presse zeigte sich plötzlich an der Arbeit der Weltbank interessiert und auch an den Stimmen der Zivilgesellschaft. Noch ist Malpass PrĂ€sident der wichtigsten multilateralen Bank. Doch trotz aller berechtigter Kritik an seiner Person: er ist nur die Spitze des Eisbergs. Zu viele Leute im Management der Bank sind auf fossilen Abwegen, ohne dass etwas ĂŒber ihre Arbeit nach drauĂen dringt. Ganz im Gegensatz zu den Klimaabteilungen, die sich immer wieder auf den Panels zeigen und ihre Arbeit fĂŒr erneuerbare Energien und Verbesserungen der Klimapolitik vorstellen. Doch das ist nicht unser Punkt. Positive AnsĂ€tze werden durch die Förderung fossiler Energien untergraben. Daher organisieren wir zum vierten Mal und gemeinsam mit vielen Gruppen aus der Zivilgesellschaft (CSO) den Weltbankaktionstag: worldbankactionday.org.
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Unser Flyer: Mit einem Protestzug durch die StraĂen rund um die Weltbank werden wir die Weltbank kritisieren, dass sie weiter fossile Investitionen befördert, direkt wie indirekt! Wir fordern die deutsche Regierung dazu auf, kein öffentliches Geld mehr in den Ausbau von Kohle, Ăl und Gas zu stecken.
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Der Kampf gegen den Klimawandel ist aber nicht das einzige Thema, mit dem unser Team unterwegs ist. Der Umgang mit Menschenrechten, Fragen von sozialen und ökologischen Standards, die BeschwerdefĂŒhrung bei Projekten, die âGender-Strategienâ der Bretton-Woods-Institutionen sowie, sehr wichtig, die Beziehungen zu China haben wir auf dem Programm. AuĂerdem, das ist nach der Corona Pause nötig, wollen wir uns vernetzen und die vielen neuen Kolleg*innen kennenlernen. Denn nicht nur bei urgewald gab es personelle VerĂ€nderungen.
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Nach mehr als 8 Stunden Flug landeten wir in Washington. Hier mussten wir Ă€hnlich wie in Frankfurt, zĂ€he Warteschlangen vor den Einwanderungsschaltern durchleben. Nach nur knapp 2 Stunden hatten wir unsere Koffer wieder, bevor wir nochmal mehr als eine Stunde Weg in Auto und Metro hatten, um unsere Zimmer zu erreichen. Der Zeitunterschied betrĂ€gt 6 Stunden. Wir werden sicherlich MĂŒhe haben, die nĂ€chsten Tage am spĂ€ten Nachmittag munter zu bleiben. DafĂŒr dĂŒrften wir frĂŒh wach sein, was praktisch ist, denn die meisten Termine starten um 8:30đ.
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Sonntag, 9. Oktober 2022
Um 4 Uhr war die erste Nacht vorbei. DrauĂen ist es dunkel, der sonntĂ€gliche Verkehr hat noch nicht eingesetzt. Frische 6 Grad sind es, da bleibe ich doch noch besser auf dem Bett
und gehe durch die Emails. US-Finanzministerin Janet Yellen macht den Auftakt. Meine Kollegin Elaine Zuckerman von Gender Action schickt den Link zu dem spannenden Artikel.
Yellen setzt gleich mal den MaĂstab fĂŒr diese Woche. Der Klimawandel sei ein Paradebeispiel fĂŒr eine globale Herausforderung, dies erfordere VerĂ€nderungen seitens der Entwicklungsbanken. Auch sei der Klimawandel eine existenzielle Bedrohung fĂŒr unseren Planeten2. Rums, das ist doch mal eine Ansage.
Genau deshalb fordern wir zusammen mit vielen anderen Gruppen: Weltbank raus aus Kohle, Ăl und Gas!
Warum? Weil die Pariser Vereinbarung zur Einhaltung des 1,5 Grad Ziels krass hintergangen wird und die Erde sich mehr und mehr erhitzt. Leider ist die Weltbank als eine der fĂŒhrenden, multilateralen Banken mittendrin. Da wurde die Weltbank 2017 öffentlich beklatscht, als der damalige PrĂ€sident Jim Yong Kim erklĂ€rte, keine ErschlieĂungskosten bzw. âupstreamâ Förderung fĂŒr fossile Energien mehr finanzieren zu wollen. Diese AnkĂŒndigung hat die Weltbank aber nicht abgehalten allein bis 2020 noch ĂŒber 12 Milliarden USD direkt zu finanzieren und zahllose LĂ€nder auf indirektem Wege und mit weiteren Milliarden Dollar noch tiefer in die fossilen AbhĂ€ngigkeiten und Schulden zu lenken.
Unser erster âTerminâ: Zu Mittag treffen wir unsere Kollegin Heike Mainhardt. Sie bringt das Transparent mit. Motto: PrĂ€sident David Malpass lenkt Weltbank-Milliarden in Investitionen von Kohle, Ăl und Gas.
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Foto mit dem urgewald Team in Washington: Heike Mainhardt, Ute Koczy, Dustin SchÀfer und Nora Sausmikat
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Montag, den 10. Oktober 2022
Was erwartet mich?
Als erstes muss der âBadgeâ geholt werden, meine Erkennungsmarke zum Eintritt in die GebĂ€ude der Weltbank und des Internationalen WĂ€hrungsfonds. Kurz vor 8 angekommen, war das keine Minute zu spĂ€t. Nach mir wuchs die Warteschlange enorm an und bescherte den Anstehenden wohl viel mehr als die meine halbe Stunde Wartezeit.
Ganz so hoch geschlossen trĂ€gt frau den âBadgeâ sonst nichtđ
Im Hintergrund die Glasfassade der Weltbank. Wenn sie nur auch so schön transparent wĂ€reâŠ
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GegenĂŒber der Bank ist das GebĂ€ude der Internationalen WĂ€hrungsfonds, ein riesiger Komplex, in dem ich mich zum Raum meiner Veranstaltung durchfragen und leiten lassen muss. Wie schön, die Kolleg*innen anderer Nichtregierungs-Organisationen (NGO) sind auch schon da.
Es ist zwar ein nationaler Feiertag (Indigenous Peoplesâ Day), trotzdem spricht Kristalina Georgieva zum Auftakt dieser Woche mit der Zivilgesellschaft. Sie ist die Chefin des IWF, war frĂŒher stellvertretende PrĂ€sidentin in der Weltbank und weiĂ, mit den NGOs umzugehen. TatsĂ€chlich sieht sie die Notwendigkeit, den IWF zu reformieren, es bleibt aber unklar, was sie damit meint. Sie fordert die Verantwortungsbereitschaft der âPolitikmacherâ ein und sieht die Aufgabe, die Weltwirtschaft zu stabilisieren, da die Welt immer fragiler wird. Sie stellt klar, dass es nicht darum geht, was man tut, sondern wie. Auch sei das Klima ein Thema der Makroökonomie. Ăberzeugen kann sie dennoch nicht. Denn die fortgesetzte Praxis des IWF, die den Regierungen SparmaĂnahmen auf Kosten der Bevölkerung empfiehlt, stöĂt auf massive Kritik in der anschlieĂenden Diskussionsrunde.
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Der nĂ€chste Besuch fĂŒhrt unser Urgewald Team in das BĂŒro der Heinrich-Böll-Stiftung. Wir sprechen mit Liane Schalatek, die schon fast zwei Jahrzehnte in Washington ist.
Das GesprĂ€ch mit Liane ist spannend. Wir diskutieren die zunehmende âReautokratisierungâ der Welt. Liane zieht ein ResĂŒmee aus 20 Jahren Klima-Aktivismus. Besonders die Einrichtung von bestimmten Governance-Strukturen im Climate Innovation Fund und im Global Climate Funds (GCF) waren ihr immer ein Anliegen. Die unabhĂ€ngigen Beschwerdemechanismen (IAMs) galten damals als âbest practiceâ. Liane ist aber auch sehr interessiert daran, wie es in der Asiatischen Infrastruktur Investment Bank (AIIB) lĂ€uft und wie wir zur Energiepolitik in der Bank arbeiten. Nora kann von den gerade stattfindenden Konsultationen berichten.
Dustin und Nora holen anschlieĂend in aller Ruhe und ohne Schlange ihren âBadgeâ. Danach treffen wir uns zum Big-Shift-StrategiegesprĂ€ch im GebĂ€ude des Bank Information Center (BIC), einer unserer wichtigen Partner in den USA.
15 Uhr: Wir treffen Aktivist*innen wie Arab Watch, IBON International, PMCJ - Philippine Movement for Climate Justice, Trend Asia. Weitere Partner wie Friends of the Earth US, Bretton Woods Project, CAN US oder ShutDownDC sind auch vertreten.
Wir wollen uns ĂŒber diese anstehende Woche und unsere Ziele unterhalten, sowie Absprachen treffen. Aber natĂŒrlich gibt es erst einmal ein Hallo und Umarmungen, denn dies ist die erste Möglichkeit, sich persönlich zu treffen. Das Treffen lĂ€uft gut und wir hoffen auf eine abwechslungsreiche und erfolgreiche Woche.
Doch wir Ă€rgern uns in der Gruppe auch darĂŒber, dass es nicht gelungen ist, Partner*innen insbesondere aus Afrika nach Washington zu holen. Sie haben keine Visa bekommen, da bewusst Termine verzögert wurden oder zu langen Fristen fĂŒr die Botschaften gelten.
Ausgehend von der Rede der US-Finanzministerin Janet Yellen und dem VorstoĂ der deutsch-amerikanischen Initiative, das System Weltbank grundlegend zu reformieren, diskutieren wir die Strategie fĂŒr das morgige Townhall-Meeting mit dem WB-PrĂ€sidenten. Es ist fast schon Gewissheit, dass David Malpass erstmal im Amt bleiben wird. Daher wollen wir kritische Fragen stellen. Wir einigen uns auf fĂŒnf Fragen an den PrĂ€sidenten, die seine Haltung zum Klimawandel und die Rolle der Bank offenlegen sollten. Uns geht es darum, das System der Weltbank aufzuzeigen und das nicht nur an der Person Malpass festzumachen.
Der Ăberblick ĂŒber die zahlreichen AktivitĂ€ten der Woche verspricht viel: die Projektion am Dienstagabend, die Fahrradrallye am Mittwoch, ein Tribunal und eine âLĂ€rmâ-Demo am Donnerstag und der Weltbank Aktionstag am Freitag. Die lokalen Gruppen wie Shut-down DC und FoE US haben die Aktionen koordiniert und Unglaubliches auf die Beine gestellt, von Essensversorgung, einer kĂŒnstlerischen Installation mit einem fahrbaren Bett mit der Weltbank und Big Oil darin, Rechtsbeistand, sowie AufklĂ€rung ĂŒber die Rechte fĂŒr den Extremfall. Neben unseren mitgebrachten 60 T-Shirts wurden von Big Shift noch 150 weitere T-Shirts bestellt, die unseren Slogan aufgreifen und sich in der blauen Farbe Ă€hneln.
18 Uhr: Es ist Zeit fĂŒr das Treffen mit Bruce Rich, unserem langjĂ€hrigen UnterstĂŒtzer. Bruce ist einer der besten Kenner der Weltbank. Seine BĂŒcher sind wegweisend, u.a. weil seine Analyse, das wichtigste Prinzip der Bank sei âAusgeben, Ausgeben, Ausgebenâ immer noch die Leitlinie z.B. eines Axel van Trotsenburg, geschĂ€ftsfĂŒhrender Direktor der Weltbank, ist.
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Dienstag, den 11. Oktober 2022
9 Uhr: Der frĂŒhe Morgen gehört dem Gender Thema in der Weltbank. Amy Mcshane von der britischen NGO Bretton Woods Project ist dabei unsere Koordinatorin. Wir sprechen mit Hana Brixi, Leiterin der Gender-Strategie in der Weltbank und ihrem Team. Nach dem IWF will auch die Weltbank ihre frauenpolitischen Grundlagen â die sogenannte âGender Strategyâ- einer VerĂ€nderung unterziehen. Start fĂŒr die GesprĂ€che darĂŒber soll nĂ€chstes Jahr im Januar sein.
Leider muss ich etwas frĂŒher aus dem GesprĂ€ch, denn heute startet David Malpass mit seiner Rede zur Zivilgesellschaft. Kurzfristig wird der Termin um eine Stunde auf 11 Uhr verschoben. Nach einer kurzen Runde geht es gleich ins Publikum und viele stellen sich hinter das Mikrofon. Auch ich tue das. Ich will von ihm nur wissen, ob er angesichts der Klimakrise und den von ihm gerade betonten notwendigen Ambitionen jetzt die Initiative ergreift und zusammen mit Axel van Trotsenburg, geschĂ€ftsfĂŒhrender Direktor bei der Weltbank, mit Exxon spricht, um die Ălförderung vor Guyana zu stoppen? Die Frage wird vom PrĂ€sidenten quasi ignoriert â er fragte nur in die Runde seiner Kolleg*innen, ob irgendjemand dazu was weiĂ, er wĂŒsste nicht, dass die WB hier aktiv sei. Dass der PrĂ€sident hier entweder schlecht informiert ist oder bewusst ausweicht, lĂ€sst sich anhand unserer Recherchen belegen. Mehr dazu unter www.urgewald.org/guyana-factfinding-mission
Der PrÀsident der Weltbank stellt sich den kritischen Fragen der Zivilgesellschaft
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Nach diesem denkwĂŒrdigen Treffen filmte Nora Ute mit einer EinschĂ€tzung dieser einstĂŒndigen Zusammenkunft.
Dustin nimmt an einem Treffen mit den Umwelt- und Sozialexpert*innen der IFC teil. Diese berichten ĂŒber den aktuellen Stand der Umsetzung einer breit angelegten Reform des Rechenschaftsrahmenwerks, welche Dustin seit zwei Jahren begleitet. Die IFC hat die Anzahl der Mitarbeiter*innen um Umwelt- und Sozialbereich deutlich erhöht, was uns freut. Leider lassen die notwendigen Reformen in der Projektumsetzung selbst weiter auf sich warten.
Zu Mittag begeben sich Nora und Dustin mit Kolleg*innen von Bretton Woods Project (BWP) zum Treffen mit der US Exekutivdirektorin der ADB, Botschafterin Chantale Wong, und der zukĂŒnftigen stellvertretenden US Exekutivdirektorin der ADB, Frau Moushumi Khan. Das Treffen wurde von Elana Berger (BIC) organisiert. Anwesend waren neben Dustin und Nora von urgewald auch Mac Darrow, OHCHR (BĂŒro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen fĂŒr Menschenrechte), sowie Vertreter*innen aus der Region. Als die Frage aufkam, was es fĂŒr Werkzeuge fĂŒr eine gute Klimaschutzpolitik in der Bank gĂ€be, empfahl Nora die Divestment-Datentools GCEL (Global Coal Exit List) und GOGEL (Global Oil and Gas Exit List). AuĂerdem kritisierte sie die Bailout-Strategie der Bank, die Kohlekraftwerke aufkaufen will, um sie frĂŒher als vertraglich vereinbart abzuschalten. Damit wird aber nur die Lebensdauer einiger Kohlekraftwerke verlĂ€ngere, die sowieso abgeschaltet werden mĂŒssten. Die Exekutivdirektorin schien sehr ĂŒberrascht, dass es an diesem ihrer Ansicht nach hervorragendem Vorgehen Kritik gibt. Es wird vereinbart, hierzu im GesprĂ€ch zu bleiben. Im informellen GesprĂ€ch ergeben sich noch viele Aspekte. Insgesamt war das Treffen eine BestĂ€tigung all unserer Anliegen aus der Sicht einer Anteilseignerin der Bank.
14 Uhr: CSPF (Civil Society Policy Forum) Treffen der Zivilgesellschaft zum Thema: âKreditvergabe durch FinanzintermediĂ€re: Ein Weg zu sauberer Energie oder ein Schlupfloch fĂŒr die Finanzierung von fossilen Energien?â
Das Panel, besetzt mit vier NGOs, ist gespickt mit Hinweisen auf das Versagen der Weltbank insbesondere aus den Regionen Indonesiens und den Philippinen. Doch Anup Jagwani von der International Finance Corporation (IFC), Abteilung Klimafinanzierung und Politik, zeigt sich unerschĂŒtterlich in seiner Haltung, das alles mit rechten Dingen zugehe, auch bei Beschwerden und der Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Die Forderung nach einem sofortigen Stopp der Kohleförderungen laufen bei ihm ebenfalls ins Leere. Die versteinerten Gesichter im Publikum und die kritischen Reaktionen in der Diskussion auf seinen Vortrag sprechen BĂ€nde. Anupâs Ansage âWe are on the same page (wir sind auf derselben Seite)â ist gelinde gesagt, eine Frechheit.
16 Uhr: Treff mit dem deutschen ED Michael Krake in seinem BĂŒro.
Munter steigen wir ins GesprĂ€ch ein. Am Vortag hatte die Financial Times 3 die Schlagzeile veröffentlicht, dass USA und Deutschland gemeinsam zu MaĂnahmen zum Klimaschutz bei der Jahrestagung aufrufen, u.a. durch eine Ăberarbeitung des GeschĂ€ftsmodells der Weltbank. Das können wir von urgewald nur begrĂŒĂen und freuen uns, ĂŒber diese Initiative. Die Anteilseigner sind die entscheidenden KrĂ€fte, wenn es zu einem Umbau und zu Fortschritten bei der Weltbank kommen kann. Ein weiteres Thema sind die Reformergebnisse des Beschwerdemechanismus âInspection Panelâ. Wir diskutieren offen und suchen dabei nach Möglichkeiten, wie wir in unseren unterschiedlichen Rollen Verbesserungen voranbringen können. Auch freuen wir uns ĂŒber die Gelegenheit weitere Mitarbeiterinnen persönlich kennenzulernen und bekommen noch Tipps fĂŒr weitere Termine mit Entwicklungsministerin Svenja Schulze.
Nora wird mit Herrn Kranke noch ein eigenes GesprÀch zu der Rolle Chinas in der Bank vereinbaren.
Nach diesem Termin fahren Nora und ich wieder in die Wohnung, T-Shirts holen, damit wir einen Teil schon am Abend verteilen können. Das Glasgow-Action Team und Big Shift haben eine Projektion erstellen lassen. Diese wird kurz nach 20h an die GebĂ€ude der Weltbank hochgespielt. In groĂen Lettern ist zu lesen, dass 14,8 Billion US-Dollar von der Bank fĂŒr fossile Finanzen zur VerfĂŒgung gestellt wurden. Und dann erscheint das Bild von David Malpass unter Feuer.
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Die von urgewald verteilten T-Shirts machen sich doch hervorragend!
Ganz groĂ: Der Wunsch nach einer KĂŒndigung von Malpass!
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Mittwoch, den 12. Oktober 2022
Habe auf 4 Uhr den Wecker gestellt, Anruf vom Tagesspiegel fĂŒr ein kleines Interview. Danach noch kurz geschlafen und wieder die 20 Minuten FuĂweg zur Union Station, um mit der Metro in die Stadt zu fahren.
Um 8.30 startet das Treffen von Zivilgesellschaft und den europĂ€ischen Exekutivdirektoren, abgekĂŒrzt âEDsâ. Ich bin ĂŒberrascht, dass es uns erlaubt ist, dieses Treffen im 13. Stock abzuhalten. Noch nie hatten wir so einen schicken Raum, dazu Tee, Kaffee und Kekse. Ich erwĂ€hne dies, weil ich dies bislang nicht erlebt habe, sondern mich gut an dicht gedrĂ€ngte Situation in schlecht belĂŒfteten RĂ€umen in KelleratmosphĂ€re erinnere. Hinzukommt, dass das Treffen nicht kurzfristig auf eine Stunde verkĂŒrzt wurde, so dass diesmal ein echter Austausch stattfindet. Und Michael Krake macht seine Sache sehr gut. Es sei das beste Treffen aller Zeiten gewesen, lautete ein Kommentar. Die Themen reichen von Verschuldung, den Public Private Partnerships (PPP), Gesundheit, Gender, Klimawandel, die Ziele fĂŒr nachhaltige Entwicklung (SDG), Finanzierung durch IntermediĂ€re, mangelnde Transparenz und zu den Fragen der Beschwerdemechanismen.
Dustin prĂ€sentiert den Exekutivdirektor*innen die Kritik am Ergebnis der IP-Toolkit Reform. Durch strukturelle VerĂ€nderungen in diesem Reformprozess sieht sich das bisherig unabhĂ€ngige Inspection Panel (IP) groĂen Herausforderungen gegenĂŒbergestellt. Wir befĂŒrchten, dass die Reform langfristig zu einer deutlichen SchwĂ€chung des Beschwerdemechanismus fĂŒhren wird. Diese geht dann auf die Kosten der Menschen und der Umwelt, die negativ durch Weltbank Finanzierungen betroffen sind.
10 Uhr: Das Treffen mit den EDs aller 189 Nationen findet auf demselben Stockwerk statt, daher ist der Weg kurz. Der so genannte Dean, das ist der dienstĂ€lteste ED, leitet die Sitzung. FĂŒr alle 25 EDs ist ein KĂ€rtchen vorbereitet, doch nicht mit Namen, sondern mit den Nummern, was sehr hilfreich ist, die EDs nicht nĂ€her kennenzulernen.
Es gibt viele Fragen, die zuvor eingereicht werden sollten. Die Antworten werden jetzt von ausgesuchten EDs beantwortet.
12 Uhr: Treffen mit dem Team der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), Washington
Nora organisierte dieses Treffen. Die FES beobachtet die Energiepolitik der USA und pflegt einen direkten Draht in den Kongress und zu den Abgeordneten. Das Team ist sehr an unseren Verbindungen ins US-Finanzministerium interessiert. FĂŒr uns ist wichtig zu wissen, dass es das New Yorker BĂŒro der Stiftung ist, das sich um Banken und daher auch um die Weltbank kĂŒmmert.
Nathaniel Haas (FES) trifft auf Nora, Ute und Dustin
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Nach einem erholsamen Zwischenstopp zu Hause fahre ich wieder in den Park vor der Weltbank, die nÀchste Protestaktion wartet.
17 Uhr:
Die Fahrraddemo wird vorbereitet. Aus Nachbars Garten war Bambus geschnitten worden, der jetzt mit bunten FĂ€hnchen behĂ€ngt wird. Die Metropolitan Polizei steht schon bereit, die StraĂen sind blockiert und unsere Demo beginnt ihre Fahrt durch die StraĂen von Washington. Mit lauter Oldie-Musik zieht die Karawane los. Luisa, Katelyn und ich, die wir keine RĂ€der haben, gehen einfach zu FuĂ hinterher und erfreuen uns am Platz, den wir jetzt auf der StraĂe haben.
Luisa Galvao, Friends of the Earth US, bereitet ein Fahrrad fĂŒr die Demo vor
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Wir stehen auf der StraĂe vor der WB: noch muss die Musikbegleitung prĂ€pariert werden
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Der Verkehr in Washington ist im Feierabendverkehr zum Erliegen gekommen, als ich noch zu einem Treffen mit MdB Katharina Beck und MdEP Rasmus Andresen gehe. Ein grĂŒner Sofa-Talk, mit spannenden Debatten zur politischen Situation national, wie international. Ich nehme die Gelegenheit wahr und informiere die Gruppe ĂŒber den WB-Aktionstag. Gegen 23h bin ich zu Hause und lese noch die aktuellsten Emails.
Nora und Dustin waren abends auf der Trauerfeier fĂŒr Sandra Smithey. Sandra war 20 Jahre lang Programm Officer bei der Mott Foundation die seit mehreren Jahrzehnten zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen wie urgewald fördert. Sandra hat nicht selten durch ihr strategisches und vorausschauendes Handeln dazu beigetragen, dass kleine Gruppen sich zu einflussreichen Organisationen entwickeln konnten. Ihrem Erbe entsprechend war es eine sehr bewegende Veranstaltung mit vielen persönlichen Geschichten, die die Geschichte der Bewegung darstellte, ihre KĂ€mpfe verdeutlichten und die wichtige Rolle Sandras unterstrichen. Anwesend waren Aktivist*innen der ersten Stunde und alte und gegenwĂ€rtige Partner*innen von urgewald, FoE US, CIEL, Oxfam und viele weitere.
Im Gedenken an die zu frĂŒh verstorbene Sandra Smithey
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Donnerstag, den 13.10.22
Nora hastet morgens durch den Regen zu einem Treffen mit dem Global Development Policy Center der Boston University. Sie fĂŒhrt mehrere umfassende Datenbanken zu Kohle und Chinas Auslandsinvestitionen. Auch nutzt das Center urgewald Daten. Deshalb wollte Nora zusammen mit Heike Mainhardt diesen Termin mit Kevin Gallagher und seinen Kolleg*innen durchfĂŒhren. Es war ein wichtiges, erstes GesprĂ€ch und man vereinbart eine zukĂŒnftige, enger abgestimmte Zusammenarbeit. Danach gibt es noch ein Treffen mit der Journalisten China-Plattform ChinaFile. Mit ihnen verabredet Nora, beim nĂ€chsten Mal etwas ĂŒber die bedrohte Umweltaktivistin Sukhgerel Dugersuren (Mongolei) und mehr zu Arbeit von urgewald zu berichten.
WĂ€hrenddessen nimmt Dustin an einer Diskussion im GebĂ€ude des IWF teil. Dabei ging es zunĂ€chst um die Frage, warum der IWF als einer der letzten internationalen Finanzinstitutionen noch immer keinen Beschwerdemechanismus eingerichtet hat. Danach stellte Prof. Daniel Bradlow (University of Pretoria) seinen Entwurf fĂŒr einen Beschwerdemechanismus vor, der von Dustin und weiteren Kolleg*innen diskutiert wurde.
Ute bleibt am Vormittag zu Hause. Heute soll das von knapp 50 NGOs unterschriebene Statement zur Energiepolitik der Weltbank rausgehen. Und zwar an die sogenannten Governors (zustĂ€ndige Minister der MitgliedslĂ€nder), wie auch die EDs. MĂŒhsam hatte unsere Praktikantin Judith Lehr die Liste der Adressen der Regierungen, bzw. der zustĂ€ndigen Minister zusammengestellt. Da es laufend Ănderungen gibt, ist das eine richtige Fusselarbeit. Auch bei den EDs muss man wegen der stĂ€ndigen Wechsel aufpassen, wer wann wie gerade aktuell dabei ist.
Zum GlĂŒck funktioniert das Internet in unserer Wohnung prĂ€chtig, so dass dies zu mindestens kein Problem war. Wie es sich herausstellt, musste noch an der einen oder der anderen Stelle nachgefragt werden. So zog sich das Versenden ĂŒber den ganzen Morgen hin. Da es drauĂen schĂŒttete, ist mir das ganz recht, jetzt nicht unterwegs zu sein. Washington ist nicht umsonst als ehemaliges Sumpfgebiet bekannt, so wurde es schnell dĂ€mpfig und bei mir floss eine Menge SchweiĂ â auch weil wir die lĂ€rmende Klimaanlage abgeschaltet haben. Dann war auch das geschafft und der Brief verschickt. So konnte ich pĂŒnktlich mit der Metro zum nĂ€chsten Termin gehen.
Leider habe ich durch diese morgendliche Aktion das âTribunal der Völkerâ wie auch die nĂ€chste Demonstration, die lĂ€rmend durch die Stadt zog, verpasst. Vor allem das Tribunal soll sehr spannend gewesen sein. NGOs aus mehreren LĂ€ndern informierten ĂŒber fehlgeleitete Projekte in ihren LĂ€ndern.
15 Uhr: Treffen mit Ratna Sahay, IWF. Sie ist zustĂ€ndig fĂŒr die IWF-Gender-Strategie. Friederike Strub von Bretton Woods Projekt hatte den Termin fĂŒr unsere Gruppe koordiniert. Es ist das erste Mal, dass wir Ratna persönlich als Gender-Gruppe treffen. Wobei wir uns noch einen besseren Namen ĂŒberlegen mĂŒssen. WĂ€hrend Ratna aufgeschlossen war und auch kritische Fragen nicht ĂŒbelnahm, war ihre Mitarbeiterin etwas vergrĂ€tzt ĂŒber unsere kritischen Nachfragen. Dieses persönliche Kennenlernen war wichtig, um die Lage im IWF besser einschĂ€tzen zu können.
16.30 Uhr: Es gibt ein groĂes Forum mit Ministerin Svenja Schulze im Weltbank-GebĂ€ude, zu dem ich auch eine Einladung erhalten habe. Der Untertitel lautet: âSoll Entwicklungspolitik feministisch sein?â Die Antwort darauf ist doch klar, wĂŒrde ich meinen. Doch leider ist auch offensichtlich, dass die WiderstĂ€nde gegen Gleichberechtigung und StĂ€rkung von Frauen auch in den westlichen LĂ€ndern gröĂer werden. Deswegen braucht mehr als nur schöne Worte auf einem gut gefĂŒllten Podium, sondern konsequente Ansagen und Taten. Die Ministerin hat sich hier viel vorgenommen
Happy Hour bei BIC
18 Uhr: Gerne folgen wir dieser Einladung. Denn das ist der gesellschaftliche Höhepunkt der Woche. Endlich ist es mal wieder möglich, die KollegInnen alle wiederzusehen. Das Stimmengewirr ist ohrenbetĂ€ubend, den GetrĂ€nken wird eifrig zugesprochen und freudig wird die Gelegenheit wahrgenommen, den einen und die andere zu umarmen und zu begrĂŒĂen. Kein Wunder, dass ich spĂ€ter als gedacht nach Hause fahre. Es gibt noch Vorbereitungen zu treffen. So lege ich z.B. die restlichen T-Shirts und die drei Banner bereit und ĂŒberlege mir, was ich als Zeremonienmeisterin (MC) sagen sollte, damit wir morgen unseren urgewald-Teil zu Gestaltung des Protest-Zugs beitragen.
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Freitag, den 14.10.22
Heute ist es soweit: dies ist der Weltbank Aktions-Tag 2022! Mehr dazu siehe https://worldbankactionday.org/. Dank unseres Praktikanten Juan Klein Cuervo ist diese Seite sehr interaktiv!
Um 6 Uhr klingelt der Wecker, um 7.30 gehtâs aus dem Haus. Nora und ich wollen zum letzten Panel, an dem wir teilnehmen, pĂŒnktlich sein. Der Blick ins Internet zeigt uns eine echte Ăberraschung. Die Frankfurter Rundschau schreibt âFossile Weltbank: Die Weltbank steht in der Kritik: Organisationen beklagen, sie investiere zu viel Geld in Kohle-, Ăl- und Erdgasprojekteâ: https://www.fr.de/politik/fossile-weltbank-91848852.html Das ist klasse, dann das ist eine Ăberschrift, wie wir sie uns seit langem gewĂŒnscht haben. Viel zu oft gelingt es der Bank, ihre Projekte schön zu zeichnen und diese als RealitĂ€t zu verkaufen, wĂ€hrend die Menschen und die Umwelt oft genug darunter leiden und keine Stimme haben, auf die verheerenden Konsequenzen vor allem von Kohle, Ăl- und Gasprojekten aufmerksam zu machen.
In der Metro treffen wir zufĂ€llig Leandro Gomez. Er ist einer der Redner auf dem Panel, das von Big Shift veranstaltet wird. Titel: âĂkologisierung ganzer Volkswirtschaften? Die PlĂ€ne der Weltbank zur Anpassung an die Pariser Leitlinien bis Juli 2023.â
Nora hört aufmerksam zu und notiert sich Details
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Auf dem Podium von Seiten der Weltbank sitzen Genevieve Boyreau und Alexandrina Platonova-Oquab. Beide arbeiten in der Klimaabteilung der Bank und versichern, ihr hohes Interesse an unseren Aussagen. Doch wir wissen nicht, wie sie intern aufgestellt sind. Beide mussten sich einige Kritik anhören. Leandro Gomez (FARN), Argentinien, Andri Prasetiyo (Trend Asia), Dean Bhebe (Power Shift Africa) und Grace Ronoh (Power Shift Africa) sparten nicht an Kritik und dem Aufzeigen von Problemen bei der Umsetzung der Pariser Vereinbarung.
Meine Kollegin Nora geht anschlieĂend zu internen Treffen mit den Energiedirektor*innen der Weltbank zur zukĂŒnftigen Klimafinanzierung der Bank. Vertreter*innen der Bank waren Jennifer Sara (Global Director, Climate Change Global Practice), Demetrios Papathanisou (Global Director, Energy & Extractives Global Practice), Vivek Pathak (IFC Global Head and Director of Climate Business), und Stephane Guimbert, (Director Operations Policy, Operations Policy & Country Services). Die Themen waren zum einen das Paris Alignment der Weltbank und wie dies in den unterschiedlichen Sektoren umgesetzt wird. AuĂerdem wurde die Frage diskutiert, wie das Pariser Vereinbarung bei den FinanzintermediĂ€ren nachgehalten wird. Im zweiten Teil ging es ausschlieĂlich um Klimafinanzen, ihre Ziele, Berichtspflichten, Transparenz und die Rolle der privaten Finanziers.
Mein Kollege Dustin nimmt derweil an einem informellen Treffen mit den Mitarbeiterinnen des Beschwerdemechanismus (Compliance Advisor Ombudsman) der IFC, teil. Wie bereits beim Treffen am Mittwoch mit den Exekutivdirektor*innen geht es auch hierbei darum, sicherzustellen, dass die UnabhĂ€ngigkeit der Beschwerdemechanismen vom Management der Bank gewahrt bleibt. Zudem geht es um die Frage unter welchen Bedingungen sich Finanzinstitutionen verantwortungsvoll aus Projekten zurĂŒckziehen können (Responsible Exit) und wie dies die Arbeit der Beschwerdemechanismen beeinflusst.
Die Sonne scheint und der blaue Himmel begleitet mich auf dem Weg in den Edward Murrow Park. OhrenbetĂ€ubender LĂ€rm schallt von einer Demo zu Eritrea bis kurz vor 12h herĂŒber. Die fortgesetzten, lautstarke Rufe nach UnterstĂŒtzung fĂŒr Frieden und VerĂ€nderung sind eindrucksvoll.
Unserer UnterstĂŒtzer*innen haben den Stand mit Essen und dem Wasser schon aufgebaut. Luisa, meine Mit-Koordinatorin ist gerade noch mit einer Gruppe unterwegs, um zu demonstrieren. Ich setze mich erstmal hin und breite die mitgebrachten T-Shirts auf. Sie tragen die Aufschrift âGet your A$$ out of Coal, Oil and Gasâ. Ein Spruch, der spĂ€ter auch durch die StraĂen rund um die GebĂ€ude von Weltbank und Internationalem WĂ€hrungsfonds schallen wird.
Langsam fĂŒllt der sich der Park. Ganz unterschiedliche Leute laufen auf, auch eine Gruppe von fĂŒnf Aktivist*innen im Rentenalter, die extra nach DC angereist ist, nimmt sich gerne T-Shirts. Sie lassen sich unseren Namen âurgewaldâ nĂ€her erlĂ€utern. SpĂ€ter wird die Farbe blaupetrol als Farbklecks die Menge deutlich anreichern. Es wird von einer Verhaftung bei der vorherigen Demo berichtet, die US-Leute sind dabei, sich um seine Freilassung zu kĂŒmmern.
Ich bereite mich darauf vor, die Zeremonienmeisterin zu sein und die RednerInnen anzukĂŒndigen. Die Sprechanlage steht als erstes, dann wird die kleine RedetribĂŒne aufgebaut. Unser Banner von WeltbankprĂ€sident Malpass, wie er im Auto sitzend die Milliarden in fossile Investitionen lenkt, passt bestens als Hintergrund fĂŒr die TribĂŒne.
Die Logistik Leute geben ihr OK: Um 12.15 geht es dann wirklich los. Ich kĂŒndige an: Es sprechen Rodolfo Lahoy, IBON Philippinen, Novita Pratiwi von Trend Asia, Aaron Pedrosa von Philippine Movement for Climate Justice, Luisa Galvao von Friends of the Earth US (BUND), Max Broad zur Kampagne Stop Financing Factory Farming, Basav Sen fĂŒr eine Gruppe aus Sri Lanka und Shereen Talet, Arab Watch, fĂŒr die Mena Region.
Das Publikum hört den Reden zu
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Aufbruch: das Bett wird als erstes auf die StraĂe gerollt: ein Bett, auf dem sich zwei verkleidete Personen befinden â die Weltbank und komplett in schwarzem Ganzkörperanzug die Ălunternehmen.
Das Bett auf Rollen
Hinter diesem Blickfang reihen wir mit diversen Transparenten ein.
Unsere Strecke fĂŒhrt uns zweimal rund um die StraĂenblocks von Weltbank und IWF. Wir erregen Aufmerksamkeit. Die Delegierten, gut zu erkennen, da sie die Badges (Ausweise) am blauen Band tragen, filmen uns, freuen sich, runzeln die Stirn und sind doch neugierig, was da so passiert. Bunt, laut, vielfĂ€ltig, witzig und divers, so machen ĂŒber auf die Klimakrise aufmerksam: Wir rufen âWhat do we want â Climate Justice â When do we want it? Now!â oder âHey hey ho ho - David Malpass has to goâ! Auch unser T-Shirt â Spruch wird immer wieder begeistert skandiert.
Wir fordern den Ausstieg aus Kohle, Ăl und Gas. In vielen LĂ€ndern haben die Menschen nach extremen Wettereignissen alles verloren. Heute sind wir hier mit 200 Menschen unĂŒberhörbar und unĂŒbersehbar. FĂŒr das demoroutinierte Washington ist das eine Menge Volk. AuĂerdem gab es bereits die gesamte Woche Gelegenheiten an Aktionen von lokalen Gruppen teilzunehmen (u.a. Fahrraddemo, Noise Action).
Die Themen sind ernst, doch die Stimmung ist prĂ€chtig, denn endlich passiert wieder etwas auf den StraĂen in der Hauptstadt der USA. Die Medien berichten, unsere Aktionen werden auf den Panels angesprochen. Damit haben wir ein wichtiges Ziel erreicht: die Weltbank muss sich fĂŒr ihre Verfehlungen bei der BekĂ€mpfung der Klimakrise rechtfertigen! Den schönen Worten der Bank wird nicht lĂ€nger geglaubt, es mĂŒssen echte Reformen her. Das System der WB und des IWF steht auf dem PrĂŒfstand.
Dann ist es vorbei. Die Demo löst sich kurz nach 14h auf. Die Sachen im Park werden in Windeseile zusammengepackt und zusammengerĂ€umt. Sophie und ich laufen noch herum, sagen Danke und verabschieden uns. All die Arbeit von ĂŒber einem halben Jahr, jetzt ist es vorbei. Ein seltsames GefĂŒhl.
Wir drei vom Orga-Team: Ute zusammen mit Luisa (FoE US) und Sophie (Big Shift Global). Es ist super gelaufen. Danke!
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Dann erstmal Pause: wir drei von urgewald lassen uns den Kaffee und Tee schmecken. Wir haben fotografiert, Videos aufgenommen, geteilt und nach Hause geschickt. Denis von unserem Medienteam hat gepostet, was das Zeug hielt. Dann ist es in Europa auch Zeit, Schluss zu machen.
Wir drei haben noch einen Termin. Die âArab Watch Coalitionâ lĂ€dt ein zur Vorbereitung des nĂ€chsten Jahrestreffens in Marokko. So gehen wir wieder zu BIC und stimmen uns mit anderen Gruppen auf 2023 in Marrakesch ein und wie wir uns dafĂŒr aufstellen mĂŒssen.
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Samstag, den 15. Oktober 2022
Freundlicherweise erhielten wir ĂŒber das ED-BĂŒro eine Einladung fĂŒr ein Politik Dialog im âCenter for Global Developmentâ CGD. Ministerin Svenja Schulze macht mit ihrem Impuls fĂŒr eine bessere Politik der Weltbank, auf die globalen Herausforderungen der Welt zu reagieren den Aufschlag. Danach Ă€uĂerten sich Alexia Latortue, Beigeordnete fĂŒr internationalen Handel und Entwicklung, US-Finanzministerium, MĂłnica Medina, Ăkonomin und ED bei der Weltbank fĂŒr LĂ€nder aus SĂŒdamerika, Ed Mountfield, VizeprĂ€sident fĂŒr die Operative Politik und LĂ€nderdienste bei der Weltbank, sowie JĂŒrgen Zattler, Abteilungsleiter im Bundesministerium fĂŒr wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). PrĂ€gnant geleitet von Amanda Glassman, stellv. PrĂ€sidentin bei der CGD, gibt es auch bemerkenswerte BeitrĂ€ge. JĂŒrgen Zattler machte drei Punkte: 1) Weltbank muss eine wichtige Rolle spielen und sich mit den LĂ€ndern abstimmen, 2) WB muss den Wandel systematisch angehen und nicht nur bilaterale Lösungen suchen und 3) die Bank muss ĂŒber ihre Rolle als Teil des Systems nachdenken und sich selbst verĂ€ndern. Die Ansagen von Ed Mountfield stieĂen auf viel Aufmerksamkeit, denn er machte konkretere Zusagen zu VerĂ€nderungen in der Bank. Diese können hier im Netz nachgehört werden.
https://www.cgdev.org/event/global-challenges-and-world-bank-getting-down-details.
Ja, und damit endet die Arbeitswoche von uns in Washington. Jetzt endlich ist Zeit fĂŒr Sightseeing. Wir erwandern die lange Mall vom Lincoln Monument bis zum Kapitol, genieĂen die Sonne und einen strahlend blauen Himmel.
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Ein frischer Wind auf der Mall in Washington. Ein gelungener Abschluss.
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Am Sonntag, den 16. Oktober reisen Nora und ich wieder ab. Wie es aussieht, haben wir drei trotz manch enger Kontakte kein Covid bekommen. GlĂŒck gehabt!
Dustin bleibt noch weiter in Washington und fĂŒhrt die GesprĂ€che fort.
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Notizen:
1 https://www.politico.com/newsletters/power-switch/2022/09/23/malpass-joins-im-not-scientist-hall-of-fame-00058575
2 Yellen made clear that climate change was a prime example of a global challenge that required changes by development banks, calling it "an existential threat to our planet." https://www.reuters.com/markets/us/yellen-calls-world-bank-revamp-tackle-global-challenges-2022-10-06/
3 https://www.ft.com/content/8c417e31-66b4-44a4-bf9c-c382541fc8f2